Das Lame-Duck-Paradox

Die Demokraten haben die US-Wahlen zum Kongress haushoch verloren, so dass die Republikaner nun in beiden Häusern, dem Senat und dem Repräsentantenhaus, die Mehrheit besitzen.


In der Presse wird dieser Wahlausgang als Ohrfeige für Barack Obama gedeutet - und das ja zu recht.


Der amerikanischen Wirtschaft, deren Wohlergehen üblicherweise über das Schicksal des jeweils amtierenden Präsidenten enscheidet, geht es zwar gut, aber bei der Bevölkerung kommt nichts davon an. Dies ist das Ergebnis der seit Reagan systematisch vollzogenen Umgestaltung des amerikanischen Wirtschaftssystem (Stichworte: Deregulierung, Marktfundamentalismus), das zu immer größeren Ungleichheiten bei der Verteilung des erwirtschafteten Vermögens der Nation geführt hat. Die Wirtschaft wächst, die Reichen werden reicher, die Armen bleiben im besten Fall arm, meistens werden sie noch ärmer...


Dass der Präsident dafür abgestraft wird, ist zwar von der Zuschreibung der Schuld her nicht wirklich gerecht, aber darum geht es nicht. Er hat auf jeden Fall auch nicht deutlich machen können, worin das Problem besteht und wie es zu ändern ist. Ganz im Gegenteil, er hat sich von Neoliberalen beraten lassen (der Blödmann).


Jetzt gilt er also als "lame duck", d.h. er hat keine Machtbasis mehr im Parlament. Aber - das ist das Ergebnis, das mir als wahrscheinlch erscheint - das Regieren wird nun für ihn wohl einfacher. Die bislang Obstruktion betreibenden Republikaner sind nun in der Position, dass ihnen von/in der Öffentlichkeit mindestens genauso wie dem Präsidenten zugeschrieben wird, wenn es weiter beim politischen Stillstand bleibt. Sie werden sich daher ab sofort von ihrer Blockadepolitik, die sich nicht an Inhalten orientierte, sondern aus Prinzip vollzogen wurde, verabschieden müssen. Mit anderen Worten: Es werden wieder - wie in den guten alten Zeiten - parteiübergreifende Kompromisse gefunden werden (müssen)...


Deswegen werden im Rückblick auf die Obama-Präsidentschaft wahrscheinlch seine ersten beiden Regierungsjahre, als er in beiden Häusern über eine Mehrheit verfügte, und seine beiden letzten Jahre, in denen er in beiden Häusern über keine Mehrheit verfügte, als diejenigen Jahre eingehen, in denen er politisch am meisten bewegte und zustande brachte.