Die Erfindung des Hierarchen

Die Koalition zwischen der (vermeintlich) links-populistischen "5 Sterne Bewegung" ("Movimento 5 stelle") und der rechts-populistischen "Lega" in Italien zeigt ein systemtheoretisch interessantes Phänomen: die Erfindung des Hierarchen.


Da beide Parteien bei den letzten italienischen Wahlen keine absolute Mehrheit erringen konnten, war die Bildung einer Regierung nur durch die Kreation einer Koalition zwischen zwei scheinbar am entgegengesetzen Pol des politischen Spektrums verortete Parteien möglich (meine Formulierungen "vermeintlich links" und "scheinbar entgegengesetzt" erklären sich dadurch, dass m.E. populistische Strategien immer - implizit oder explizit - rechtsgerichtet sind, d.h. zu autoritären Strukturen führen, wenn sie Erfolg haben; deswegen nippeln inzwischen auch die Zustimmungswerte der M5s ab, während die der Lega zulegen).


Da keine(r) der Parteien bzw. ihrer Führer (DiMaio und Salvini) sich der/dem anderen unterordnen wollte, einigte man sich auf einen Dritten - Herrn Conte, einen weithin unbekannten Juraprofessor - als Ministerpräsidenten. Die Idee war wohl: Es wäre egal , wer unter ihnen Mininsterpräsident sein würde. Sich einem Dritten unterzuordnen - einer im Idealfall höheren Macht - ist die Lösung oder Vermeidung eines wahrscheinlichen Konflikts, weil so unentschieden bleiben kann, wer gewinnt oder verliert, d.h. die Beziehung bleibt symmetrisch. So entstehen m.E. generell Hierarchien. Sie sind funktionell, weil sie Konflikte unentschieden lassen bzw. für die Möglichkeit zu entscheiden sorgen, was ansonsten aufgrund eines Konfliktes unter "Gleichen" blockiert werden könnte oder würde.


Interessant zu beobachten ist nun in Italien, dass Herr Conte in dieser Funktion inzwischen reale Macht erlangt hat. Er hat enorm an Popularität in der Öffentlichkeit gewonnen, mehr als die beiden Königsmacher. Daher könnte man ihn jetzt wahrscheinlich auch nicht mehr einfach in die Wüste schicken, ohne von den Wählern bestraft zu werden. Das wiederum berschafft ihm auch inhaltlich Einfluss... usw.


Interessant zu sehen, wie die Entwicklung weiter geht.