REVUE Nr 13, Transformation. Feedback zu Gilgamesh und Christeene 4

REVUE, Magazine for the next society. Transformation. Nr 13. Sommer 2013


REVUE Editorial:


„... Die REVUE ist ein Resonanzraum für all diese Stimmen, in dem immer wieder die Frage nachhallt: ist eine Next Society eher als Wiedereinführung verlorener Möglichkeiten zu verstehen – und weniger als deren Ablösung? Wir wären auch auf Ihre Antworten gespannt...“


Feedback


Ich beziehe mich hier auf diese „Wiedereinführung“ - zeichne einen in REVUE gespannten Bogen nach, um diesen - ihn inhaltlich ergänzend – mit einem Plädoyer zu beschließen, und damit sich verlierende, beinahe schon verlorene Möglichkeiten in Erinnerung zu rufen.


Der skizzierte Bogen


GILGAMESH, übersetzt von William Muss Arnolt 1901.


CHRISTEENE, skype-geviewt von Ludwig Plath (*Zitate)


II. Exkurs. Logische Überlegungen 2


Eigentlich kommt Geschlechter-Differenz nur noch abgefeimt in der Produkt-Werbung vor. Dies auf dem niedersten Niveau quotenfordernder Lebensabschnitts-Haushaltsführung, ironisch, sarkastisch oder als Karikatur. Weiter als banalisierende Geschlechter-Gleichheit, vorgetragen von hippen Ministerinnen, und irgendwie dann entsprechend zeitgeistig gehypt in der Literatur, was nicht zu unterschätzen ist.


Selten nur noch als Anstoß eines Denkens reflexiv sich spielender Dialektik und deren logisch notwendiger Asymmetrie. Es gibt nun das wachsende Phänomen eines undifferenzierten Eintopfs der Angst vor dem Unterschied und vor der Andersheit namens "kulturelle Vielfalt." Dies bedeutet die Aufhebung von Beziehung. Der den GRUND legenden Beziehung. Welche Beziehung ist das? Es ist die Beziehung des Bewusstseins mit sich selbst. Wie kommt diese überhaupt zustande? Die universelle Selbstreferentialität von Bewusstsein entfaltet sich strukturell qua der sexuellen Fremdreferenz seiner Protagonisten. Im Ich, so Hegel, liegt der Unterschied. Das Ich unterscheidet in sich ein DU. Nach außen unterscheidet es "etwas", sowie ein gleichgeschlechtliches alter Ego und ein sexuell unterschiedenes Du. Das ist der GRUND von Selbstbewusstsein. Die Identität der Differenz wird im Ich zur Differenz der Differenz. (Die Ungleichheit (Ungleichheit innerhalb der Gleichheit der Selbstheit, und deren Vermitteltheit) bildet das Herz jeder Unterscheidung und aller unterscheidenden Schöpfung)


Aber zurück zu dem Instrument, das, zusammen mit der Schrift, es ermöglicht nun eine männliche Ordnung zu skizzieren und diese zu fixieren: die Aristotelische Logik.


Schließlich ging es bei der paradoxalen Ableitung und der rationalen Aufstellung der Sätze der Logik vor mehr als zweitausend Jahren ja - unterschwellig - wohl vor allem darum, sich vom "weiblichen" Denken und "weiblichen" Geist abzugrenzen, und so das schnöde, uralte Spiel mit der Antinomie durch allgemein gültige Axiome zu unterbinden und so "männlichem" Denken und "männlichem" Geist zum Ausdruck und zur Macht zu verhelfen. Es scheint, um es auf den Punkt zu bringen, hierbei um männliche Entfaltung, sowie um die Einschränkung der, sagen wir es mal direkt, vermutlich skrupellos gepflegten weiblichen Ambivalenz, und deren semantische Ambiguitäten zu gehen. Man/(frau) will dieser Herr werden (was nicht heißt, dass das Verdrängte nicht eines Tages wiederkehrt, und dann - auf hohem Niveau - wieder rezipiert und hoffentlich prokreativ weiter entwickelt wird).


Eine durch die Große Göttin gemehrte, protegierte, kultivierte, optimierte, sozial besser gestellte empirische archaische Frau irritiert den Mann. Sie gebärt, schenkt Leben, ist deshalb heilig, aber auch mächtig, schön, attraktiv, selbstbewusst, sie täuscht, lügt, trügt, dreht einem das Wort im Mund um, ist wählerisch, lästert, schmäht, verschmäht, keift, zetert, nervt, schmerzt, liebt ihre Freiheit, geht fremd, und begehrt doch Verehrung, Komplimente, Geschenke, und Anlehnung an den ihr ergebenen Schutzpatron oder von dem sie fliehenden Helden.


Hegels Parabel der unterschiednen Selbstbewusstsein(e) lässt sich dieser Beziehung - geschlechtlich abgewandelt - zu Grunde legen, bevor sie dann auf die Beziehung von Ego und Alter / Herr und Knecht im Patriarchat erneut angewandt werden kann. Denn auch die Frau wagt den Tod, verachtet so das Leben, indem Sie Leben schenkt, was ihr Leben kosten kann.


Und schließlich geht es weiterhin um die so genannte und viel geschmähte, durch die Jahrtausende privatim einfach weiter gepflegte „weibliche Logik“ des Weder-noch und Sowohl-als-auch, die durch die drei Sätze bzw. die drei Axiome der Aristotelischen Logik - wenn irgend möglich - vollkommen ausgemerzt werden soll. Auch das Spielchen „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“ , will man damit endlich in den Griff bekommen; - ebenso- wie nun umgekehrt „You can’t have the cake an eat it“ - zu den neuen Spielregeln gehört.


Und Antinomien sind schließlich auch noch Anfangs des 20. Jahrhunderts ein Problem. Man denke an das wieder aufgegriffene Lügnerproblem. Lügen sind verpönt, da es in der Logik bekanntlich um die Wahrheitsfindung geht. Dank Russels Theorie der logischen Typen (Russsel 1905, und der Principa Mathematica Whitehead/Russsel 1911), ist es gelöst.

Ja, wäre, wenn nicht der Kalkül der Gesetze der Form von George Spencer Brown, seit 1969 schon aufzeigt, dass eine Gleichung zweiten Grades zwei Resultate, also zwei komplexe Wahrheiten hat, die beide gleichzeitig in Betracht kommen, und – notwendigerweise – und asymmetrisch in konditionierter Koproduktion zusammenspielen, einander ständig den Ball zuspielen, sich dabei kreuzend und nennend bewegen, und ihn – reflektiert oder scheinbar unreflektiert - zurückspielen.

Die logische Kontrolle der Antinomien erschiene also vollkommen gelungen, wenn es da nicht weiterhin die Antinomien, die Seltsamen Schleifen gäbe, welche unhegelisch - „von außen“ betrachtet - klassisch logische Beweise als logisch fehlerfreies System fatalerweise als unbeweisbar erweisen! Ja, sie unterlaufen, und ihr nur noch - im relativierenden Rahmen von Gödels Theorem („Ich bin nicht entscheidbar“) - beschränkte Gewissheit bieten. Darüber kann hier nur eine Andeutung gemacht werden, solange das Zusammenwirken und Aufeinander-angewiesen-sein von mindestens zwei existentiellen Wahrheiten inmitten eines so strukturierten Bewusstseins, (das heißt der zwei einander existentiell (er)zeugenden. also je rekursiv operierenden Operanden) von uns nicht umfassend in einem prokreativen sozialen Kontext gesehen werden kann.


Nun noch kurz zurück zum Epos des Gilgamesh und meiner Kritik an der Wahl der Textstelle und an der Verwendung einer Übersetzung aus dem Jahr 1901 in REVUE: Der Mythos des ersten schriftlich besungenen, kraftstrotzenden, brachialen Helden des Frühpatriarchats, wird, wie andere frühpatriarchale Mythen, über die Jahrtausende wieder und wieder abgeschrieben. Seit seiner ersten Auffindung vor 120 Jahren, werden seine Editionen laufend durch neue Auffindungen von fehlenden Bruchstücken ergänzt, und so die bestehenden Übersetzungen vervollständigt. Der Mythos verweist auf den Beginn des Bogens einer großen (symbolischen, aber nicht dialektischen) Abwesenheit, die uns hier noch weiter beschäftigt. Ausgewählt wurden in REVUE, wie oben dargelegt, - im Ganzen gesehen - inhaltlich nebensächliche Abschnitte des Epos, nämlich Gilgameshs tragisches Unsterblichkeitsbegehren, sowie eine nicht aktuelle Übersetzung, in nicht deutscher Sprache (so, als wäre Englisch, die (ideale) Sprache des Epos, aber nicht sein zentraler Moment der Festschreibung eines gesellschaftlichen Transformation.)


Aktuelle deutsche Gilgamesh-Literatur: Gilgamesh. Übersetzung von Albert Schott (aktualisiert bis 1988) Reclam. Gilgamesh. Übersetzung von Wolfgang Röllig 2009 Reclam. Gilgamesh. Übersetzung und Nachdichtung, Raoul Schrott, 2001. Fischer. Vierte Auflage 2011.