Wutbürger? oder Schmerzbürger?

Wer kennt nicht den Wutbürger? Den Wutbürger neben sich, in der eigenen Nachbarschaft? Den Wutbürger als politisches Schreckgespenst für die etablierten Parteien, das mit stechendem Zeigefinger und zornigen Blick, der Wutbürger-Gefolgschaft durch andere sicher, den Zeigefinger in die Wunden des Anderen, in die der Politik, in die der ja doch wirklich viel zu viel verdienenden Manager usw usw legt.


Wer kennt nicht den Wutbürger in sich selbst?


Haken dran, könnte man sagen. Seh` ich genauso, könnte man sagen. Wut ist, ja klar, verständlich, Haken dran.


Der Wutbürger, und das scheint ein Erkennungsmerkmal zu sein, unterstreicht seine Meinung durch eben diese Wut. Wut motiviert ihn. Wut treibt ihn an. Wut lässt ihn nicht ruhen. Nicht ruhen, auch wenn gar seinem Begehren statt gegeben wird. Die Wut des Wutbürgers, und das scheint ein weiteres Wesensmerkmal zu sein, pflanzt sich fort. Diese Wut infiziert andere. Diese Wut hypnotisiert den Wutbürger selbst. Diese Wut macht ihn aber auch immun (blind?) gegenüber dem gefühlten Anlass für seine Wut. Und immun gegenüber einer möglichen Veränderung, um die es einem Wutbürger im Prinzip ja auch geht.


Gehen sollte?


Wenn die Wut des Wutbürgers zum treibenden Element wird, wandelt sie sich oftmals von einem zur Veränderung drängenden Impuls zu einem Wesensmerkmal. Zu einem Wesensmerkmal, das sich selbst genügt. Wandelt sich zu einem Wesen, das keine Veränderung mehr braucht. Das sogar oftmals Veränderung fürchtet.


Der Schmerzbürger hingegen fühlt seine Schmerzen, seien sie ausgelöst durch den Flughafenausbau, die neue Autobahn, die Trägheit der Behörden nach dem Unglück bei der Love Parade oder auch sonstwo. Der Schmerzbürger will seine Schmerzen loswerden. Um nach der Schmerzbefreiung .....na ja, es gibt doch so viel zu tun, so viel zu genießen, so viel zu spielen, so viel sich zu tanzen, so viel zu entdecken in der Welt.


Bis die nächsten Schmerzen auftauchen.


In diesem Sinne, alles Gute. ;-)