Italien

Wahl in Italien. Heute und morgen. Es kann gut sein, dass wieder Berlusconi gewählt wird. Da mir Italien am Herzen liegt, ein paar kritische Bemerkungen zu diesem wunderbar schrecklichen Land.


Wie ich mir habe erklären lassen, ist die Einstellung der Italiener zu ihrem Staat in etwa so gestört wie die der Griechen. Was beide miteinander verbindet, ist, dass der Staat im Lauf der Geschichte meistens von Nicht-Einheimischen geführt, repräsentiert und genutzt wurde. Der italienische Staat ist ja noch jung (etwa so alt wie der deutsche). Vertrauen wurde und wird in erster Linie in Personen gesetzt (Helden wie Berlusconi), nicht aber in staatliche Strukturen. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam hinzu, dass der neue, nachfaschistische Staat von Anbeginn an durch die Mafia korrumpiert wurde. Einer der Gründe dafür dürfte sein, dass die USA, als sie Kontinentaleuropa über Sizilien aufrollte, mit der Mafia einen Deal machte, ihre Protagonisten zu schützen und nicht strafrechtlich zu verfolgen. Seither hat die Mafia einen Sonderstatus und seither ist der italienischen Staat nicht sonderlich vertrauenswürdig, weder für die Regierungen anderer Staaten noch für die Italiener selbst.


Das zeigt sich unter anderem im häufigen Wechsel der Regierungen (die sich dann jeweils selbst sehr gut bedienten). Ich erinnere mich noch gut an eine Radiosendung in den 50er Jahren, wo Europa und die europäische Politik als Autorennen dargestellt wurde, von dem ein Reporter berichtete. Der Running-Gag war: "Und die Italiener machen wieder einen Reifenwechsel!" - die Häufigkeit der Regierungswechsel lag auf Rekordniveau.


Dass jetzt die Hoffnung der Italiener wieder auf Berlusconi gerichtet ist, ist natürlich erschütternd. Aber nicht ohne Logik. Wo die Personenorientierung bzw. das persönliche Vertrauen (=Familienmodell der Mafia) in Konkurrenz zur Sachorientierung bzw. dem Vertrauen in gesetzlich definierte Verfahrensweisen und Prozeduren der Entscheidungsfindung steht, hat im europäischen Süden das abstrakte Regelsystem keine Chance gegen die scheinbare "Humanität" der Vetternwirtschaft. Kurzfristig zumindest.