Kulenkampffs Schuhe

Gestern Abend lief in der ARD eine Dokumentation mit dem o.g Titel. Sie ist wahrscheinlich in erster Linie für diejenigen interessant, die in den 50er und 60er Jahren in der BRD gelebt haben. Die Autorin spürt darin der Frage nach, warum ihr Vater bzw. ihre Eltern nie über den Krieg und die Nazi-Zeit gesprochen haben, und sie illustriert die Situation der Elterngeneration an den damals populären Fernsehstars: Hans-Joachim Kulenkampff, Hans Rosenthal, Peter Alexander, Caterina Valente u.a.  Sie zeigt, dass diese Männer und Frauen ihre Kriegstraumatisierungen und auch Schuldgefühle in beispielhafter Manier überspielt haben und damit repräsentativ für die ganze Generation gewesen sein dürften...


Ich, der ich in dieser Zeit Kindheit und Jugend durchlebt - besser: durchlitten - habe, war dieser Flashback beklemmend. Mir wurde noch einmal deutlich, in was für einer engen, verklemmten, spießigen Welt wir in Deutschland damals gelebt haben. Einfach zum Kotzen. Wer da wieder hin will (wie diejenigen, die den "links-grünen Siff", der durch "die 68er-Generation"  nach Deutschland gekommen ist, verunglimpfen) sind nicht bei Sinnen. Die haben entweder keine Ahnung, wovon sie sprechen, oder sie sind einfach hirnamputiert...


Was allerdings durch die Sendung (die sicher in der Mediathek noch zu sehen ist) deutlich wurde, ist, dass das vielbeschworene Gemeinschaftsgefühl damals wahrscheinlich dadurch entstanden ist (wenn es das denn tatsächlich gegeben haben sollte), dass es nur ein oder (später zwei) Fernsehprogramm(e) gab. Wenn 85% der Bevölkerung die Samstagabend-Quiz-Show sehen oder - nicht in der Dokumentation erwähnt - den Francis Durbridge-Krimi, dann ist das eine kollektive Fokussierung der Aufmerksamkeit, die gewährleistet, dass alle ein gemeinsames Thema haben, über das sie miteinander sprechen können.


Das ist es wahrscheinlich, was das verbindende Erleben der "deutschen Leitkultur" hervorgebracht hat...