Lewitscharoff

Eine vom Feuilleton gehypte Schriftstellerin hat in Dresden eine Rede gehalten, in der sie gesagt hat, was sie denkt. Wir haben ja in Deutschland Gedanken- und Redefreiheit. Trotzdem geht ein Sturm der Entrüstung durch das Land. Skandal, Skandal, Skandal.


Was ist so skandalös daran, dass eine bekannnte Schriftstellerin ziemlich schwachsinnige Ansichten öffentlich vertritt? Sicher nicht die Tatsache an sich, denn viele Leute, die schreiben, (wahrscheinlich sogar die meisten) haben schwachsinnige Ansichten (auch viele, die nicht schreiben, nebenbei bemerkt). Aber das ist natürlich Ansichtssache.


Die Aufregung hat meiner Meinung nach den tieferen Grund, dass die Literatur-Mafia, die das Rezensionswesen, das Feuilleton, ja, den ganzen Literaturbetrieb lenkt, indem bestimmte Autoren gehypt werden, andere gar nicht zur Kenntnis genommen werden (was ja schlimmer als jedes Verrissenwerden ist...), plötzlich damit konfrontiert wird, dass sie jemanden bekannt gemacht, in den Himmel gehoben und mit Preisen überhäuft hat, mit dem (mit der) bzw. mit deren (oder dessen) Ansichten sie lieber nicht identifiziert werden will.


Die Frage ist, ob nicht in früheren Texten der Autorin ihre Ideologie auch schon lesbar gewesen wäre - nur eben nicht so plump und offen? Ich kann diese Frage allerdings nicht beantworten, da ich von Frau Lewitscharoff noch nix gelesen habe (ich habe sie mehrfach im Fernsehen gesehen, und was ich da gesehen habe, hat mir keine Lust gemacht, ein Buch von ihr zu lesen).


Der Literaturbetrieb verzeiht Frau Lewitscharoff offenbar nicht, dass sie die Bühne nutzt, die er ihr eröffnet hat: "So war das alles ja gar nicht gemeint..." (oder so ähnlich).