Musil lesen

"Für einen Mathematiker ist, um es ganz einfach zu sagen, Minus Fünf nicht schlechter als Plus Fünf. Ein Forscher darf vor nichts Abscheu haben und wird von einem schönen Krebsfall unter Umständen freudiger erregt als von einer schönen Frau. Ein Wissender weiß, dass nichts wahr ist und die ganze Wahrheit erst am Ende aller Tage liegt. Die Wissenschaft ist amoralisch. Dieses ganze herrliche Eindringen ins Unbekannte entwöhnt uns der persönlichen Beschäftigung mit unserem Gewissen, ja es gewährt uns nicht einmal die Genugtuung, sie ganz ernst zu nehmen. Und die Kunst? Bedeutet sie nicht dauernd ein Schaffen von Bildern, die mit dem des Lebens nicht übereinstimmen?"


(R. Musil: Der Mann ohne Eigenschaften. S. 960)