„…and the Oscar goes to Steinbrück“

Es ist eine Woche her, dass Steinbrücks Tränen die Republik überraschten. Habe mir mal die mediale Reaktion hierauf angeschaut. Vier Aspekte, die vor allem in Zeiten großer Wahlen von Belang sind,  scheinen mir augenfällig ein Spannungsfeld zu spiegeln. Möchte heute das Zusammenspiel von Emotionalität, Authentizität und Inszenierung von Authentizität raus greifen, die anderen Beiden morgen und übermorgen:


Alles sei doch nur „Propaganda“ heisst es beinah unisono in den Foren, „das Heulen vor der Kamera  ein gelungener PR-Gag“, er solle „zum Heulen nach Hause gehen“ bis hin zu “Deutschland braucht keine Heulsuse als Kanzler“. Entweder sei er doch nur ein „selbstverliebter Schauspieler“, auf den aber nur Einfältige Gemüter reinfallen würden“. Steinbrück würde doch nur „Betroffenheit heucheln“.


Nur gelegentlich werden die „emotionslosen Journalisten, denen die Selbstkritik fehle“ und die „An-den-Pranger-stellen-Medien“ kritisiert. Kritik an Inhalt und Stil in den Foren selbst traut man sich offensichtlich nicht zu. Wahrscheinlich aus Angst selbst Opfer von Shitstorm aus den eigenen Reihen zu werden.


Emotionen sind immer gut für die Berichterstattung. Emotionen erhitzen die Gemüter. Emotionen laden ein zur virtuellen Identifikation mit den öffentlichen Personen. Insoweit überraschen mich die Foren-Kommentare und der nicht enden wollende Shitstorm überhaupt nicht. Sagen sie doch letztendlich mehr aus über die anonymen, virtuellen Schreiberlinge hinter den kunstvoll gestrickten Namen, als dass sie was mit Steinbrücks Tränen zu tun hätten.


Man wünscht sich gleichzeitig auch Authentizität im Auftritt öffentlicher Personen in der Öffentlichkeit, beklagt jedoch am Beispiel Steinbrück die „authentische Emotionalität als Faktor wahltaktischer Berechnung“.


Worum geht es dann nun eigentlich? Um Authentizität? Um die Inszenierung von Authentizität? Oder vielleicht darum, dass man trotz Forderung nach Authentizität, gar nicht weiß, woran man selbst, würde einem so etwas wie Authentizität begegnen, dies auch erkennen und merken könnte.


Wenn man Steinbrück im Netz einen“ Oscar“ verliehen möchte und dies als überzeugendste Argument verstanden wissen möchte, Steinbrück sei eben ein hervorragender Schauspieler, outet man sich wahrscheinlich eher selbst als ein Politikkonsument, der wohlig auf dem Sofa sitzend oder gespannt erregt vor seinem Laptop, Wahlkampf zu einem neuen Blockbuster wandelt und sich daran ergötzen möchte.