Eine Keine Familie

Der Dokumentarfilmer Paul-Julien Roberts hat einen Film über seine Kindheit in der Kommune des Wiener Aktionskünstlers Otto Muehl in den 1970/80er-Jahren gedreht. Der Film ist ein außergewöhnliches Zeitdokument und veranschaulicht das Aufwachsen ohne „Kernfamilie“ in der „großen Familie“ dieser Kommune. Am Montag ist Premiere in Köln.


Der Film über „Systeme, Familie und Familie als System“ kommt in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF) in die deutschen Kinos.


Ich habe den Film vorab sehen können und bin beeindruckt von der Offenheit und (Selbst-) Ehrlichkeit der Menschen. Hiermit meine ich die Menschen in Bezug auf beide gezeigten Kontexte: damals und heute. Hierdurch entspinnt sich eine unumgängliche Spannung, der der Zuschauer sich oftmals nicht entziehen kann. Der Film lebt von der Einfachheit der Bilder, der Klarheit der Gegenüberstellung von Gestern und Heute in Bezug auf die Aussagen derselben Menschen.


Der Film lebt auch von der unspektakulären und sensiblen Einladung des Filmers, der selbst einer der Hauptprotagonisten ist, sich anmuten zu lassen, sich gar an die eigenen damaligen Erfahrungen (in vielleicht ähnlichen Lebensformen) zu erinnern, ohne vorschnell zu (ver-) urteilen.


Interessant finde ich:



  • die Gegenüberstellung von Kommune und Kleinfamilie in Bezug auf Bindungssicherheit, Sexualität, Erziehungsrollen, gruppaler Kommunikation u.a.

  • die (Selbst-) Verführung hin zu einem sektenähnlichen System als Illusion, hierdurch „endlich die Väter überwinden zu können“,

  • und die Mechanismen der Selbst-Präsentation in und vor der Gruppe, welche einerseits die Praxis humanistisch-psychologischer Verfahren, die in den 60er Jahren in den USA entwickelt wurden, spiegeln. Andererseits auch als Vorläufer der medialen Selbstpräsentation im web 2.0, DSDS und anderswo verstanden werden können.


Es lohnt sich wirklich, mit dabei zu sein: wenn nicht damals, dann aber heute.