NSA: einmal anders, oder: wie hübsche ich Abhörskandale als Unterhaltung auf

Jetzt mal ehrlich, nicht durch die Enthüllungen Snowdens sondern durch RTL II und Pro 7 erfuhr ich von der Existenz der NSA. Schon Jahre bevor Snowden mit seinen Enthüllungen aufwartete. Dort heißt sie übrigens wohl CTU.


Warum erzähl ich das?


Im Vorfeld des Wahlkampfs, und noch mehr jetzt, also mitten drin, wundert man sich immer wieder, warum die Bevölkerung bei einem solchen globalen Skandal nicht vollends auf die Barrikaden geht. Bei einem Skandal, der bis in die bundesdeutschen Wohnzimmer reicht.


Ist doch eigentlich ganz klar. Wieso, fragte ich mich gestern, als ich mit meiner Frau beim Spaziergang darüber sprach. Wir kannten doch die NSA oder CTU aus der Fernsehserie 24. Auf Amerikanisch auch Twenty Four genannt. Wir liebten diese TV-Serie, verpassten keine Sendung und konnten es kaum bis zur neuen Staffel abwarten.


Für diejenigen, die 24 nicht kennen, wahrscheinlich sind es gar nicht so viele, denn die Quote lag durchschnittlich bei mehr als 10 Millionen Zuschauern je Sendung, hier in Kürze worum es ging.


"24 thematisiert Versuche der amerikanischen Regierung, terroristische Angriffe zu verhindern, Attentäter aufzuspüren und bis in Regierungskreise reichende Verschwörungen aufzudecken, wobei die handelnden Figuren wiederholt mit moralischen Dilemmas konfrontiert werden. Charakteristisch für die Serie, deren Staffeln je einen 24-stündigen, ununterbrochenen Zeitraum erzählen, sind die in Echtzeit ablaufende Handlung und Splitscreens." Das ging wirklich unter die Haut. Wir fieberten angetriggert durch die Echtzeit und wähnten uns mitten drin.


"Motiviert durch die politisch-gesellschaftliche Situation in den USA nach den Terroranschlägen vom 11.9.2001, thematisierte die Serie ab der zweite Staffel Bedrohungen durch Massenvernichtungswaffen. In der Handlung setzen vor allem Staatsbedienstete, darunter der von Kiefer Sutherland gespielte Protagonist Jack Bauer, Folter als Mittel zur Informationsgewinnung bei Vernehmungen ein, wenn es die Situation zu erfordern scheint und viele Menschenleben auf dem Spiel stehen. Für die Folterdarstellungen wurde die Serie heftig kritisiert, wobei unter anderem mit einer normalisierenden und befürwortenden Wirkung von Folter argumentiert wurde."


Als kritische Bürger fühlten wir diese Dilemmata, besiegten aber unsere Skrupel hingegen durch die Teilidentifikation mit besagtem Jack Bauer, dem Hauptprotagonisten. Ihm nahmen wir unbesehen seine lautere, ehrliche, loyale und patriotische Gesinnung. Der Zweck heiligte somit die Mittel. Mittel wie: Folter, Generalverdächtigung, Bespitzelung, Kollateralschäden zum Zwecke der Vaterlandsverteidigung undsoweiter.


Er "durfte" daher all die Abhör-, Ortungs- und Identifikationsprogramme nutzen. War alles doch nur für einen "guten Zweck".


Die Serie war wirklich spannend. Die Teilidentifikation nicht zu vermeiden. Die Erregung gewünschter Effekt durch die Echtzeit. Und die Auflösung einer kritischen Distanz / Reflektion durch die Splitscreendarstellung. Wir waren dann zum gleichen Zeitpunkt an verschiedenen Orten, bei verschiedenen Personen und folgten dem Gefühl unserer Überlegenheit, alles im Griff zu haben. Alles steuern zu können.


Nun, man müsste mal nachforschen, ob die NSA nicht Hauptsponsor dieser Serie war. Ist sie doch ein hervorragendes Marketinginstrument gewesen, um uns auf die jetzige Situation nicht nur vorzubereiten sondern auch uns mit der "Anständigkeit" der NSA zu überzeugen und identifizieren zu lassen.


Warum sollten wir uns dann heute, nach Snowdens Enthüllungen über besagte NSA aufregen? Ist sie doch inzwischen ein Teil der "unserer guten Welt" geworden. Ohne sie wären uns die so heiß geliebten Fernsehabende verschlossen versagt geblieben. Ohne diese CTU-NSA würde wir immer noch glauben, Abhören sei doch nur Geheimdienstspielerei, also etwas für James Bond und Co. Ohne diese CTU-NSA würden wir immer noch glauben, Folter sei verwerflich, weil doch nur Terroristen so etwas anstellen würden.


(Zitate aus Wikipedia)