„Helmut Schmidt hatte eine Geliebte..."

packt Klaus Harpprecht in einem Interview des aktuellen Spiegel aus. Harpprecht, Brandt-Vertrauter und kein Freund von Schmidt, berichtet, das dieser eine langjährige Freundin „abgelegt“ habe, als er Kanzler wurde. Die Frau sei an der Trennung „fast zerbrochen“.


Was für eine Information! Ein Mann hatte vor langer Zeit eine Geliebte. Die Frau hat die Trennung lange nicht verschmerzt. Ja und? Dass einflussreiche Männer Geliebte haben, ist nicht gerade eine Brüller-Nachricht. Dass Trennungen schmerzen, ebensowenig.


Harpprechts Geliebten-Aussage wird zusammenhanglos gleich an den Anfang des Interviews platziert, und zwar mit einer klaren Täter-Opfer-Lesart, in der Schmidt als Opportunist da steht. Karriere vor Liebe.


Warum diese Aussage gerade jetzt? An ganz anderer Stelle (fast 100 Seiten weiter vorn) referiert der SPIEGEL ausführlich eine Schmidt-Biographie, die nahelegt, dass Schmidt lange Zeit dem NS-Gedankengut nahegestanden hätte. Nichts recht Handfestes, irgendwie Gemunkel.


Zufall? Wohl kaum. Es scheint, als wolle man Schmidt unbedingt etwas anhängen und habe dann gemerkt, dass die Rezension nicht genug hergibt. Und so wird auf anderer Ebene nachgelegt. Opportunist hier, Opportunist da. Journalistisch erbärmlich.


Aber nicht nur das. Irgendwie befällt mich ein Anflug von Fremdschämen, dass ein alter eitler Mann die alten Rechnungen mit einem andern eitlen Mann nach fast einem halben Jahrhundert nicht aufgeben kann. Und tratscht.


Ich hoffe, dass ich mit 89 die Klappe halten kann.