Antipsychotika für Kinder

Im "Deutschen Ärzteblatt" vom 17. Januar 2014 ist Leitthema die Verordnung von Antipsychotika an Kinder und Jugendliche. Dazu ist eine Untersuchung publiziert, die ergbt, dass in Deutschland wie in den USA und anderen westlichen Ländern die Antipsychotika-Gabe an Kinder und Jugendliche sich von 2005 bis 2012 um ca. 50% gesteigert hat, in der Altersgruppe der 10- bis 14-Jährigen sogar nahezu verdoppelt. In dieser Altersgruppe war die Zunahme am stärksten.


Verglichen mit den USA liegen diese Zahlen niedrieger, im Vergleich mit anderen europäischen Ländern im Mittelfeld.


27,9% aller Verschreibungen erfolgte durch Kinder- und Jugendpsychiater, 25,4% durch Kinder- und Jugendmediziner, 16,2% durch Hausärzte.


Interessant ist, dass diese Medikation in der Regel für "Störungen" erfolgte, die nicht zu den jeweiligen Indikationen gehörten:


"Bemerkenswert ist der erhebliche Zuwachs der Verodnung atypischer Antipsychotika [...] angesichts der limitierten Datenlage und des relevanten Nebenwirkungspotentials sowie insbesondere unter dem Aspekt, dass ein Teil der Verordnungen für Störungsbilder erfolgt (zum Beispiel ADHS), für die es keine gesicherte Indikation für eine Behandlung mit Antipsychotika gibt und für die wirksame, nebenwirkungsarme Therapiealternativen vorliegen." (S. 32)


Die Autoren verweisen darauf, dass Psychotherapie in den meisten Fällen - wenn man evidenzbasiert vorgeht - weit wirksamer ist. Außerdem stellen sie auch klar, dass sich diese Zunahme der Medikation nicht (!) durch eine Zunahme der der Verhaltensauffälligkeiten von Kindern und Jugendlichen erklären lässt. Ihre Hypothese:


"Die vermehrte Verordnung von Antipsychotika könnte auch darin begründet sein, dass eine medikamentöse Therapie schneller zu initiieren ist als eine psychotherapeutische Behandlung und auch im Allgemeinen auf Patienten- beziehungsweise Familienseite weniger Zeit und Motivation benötigt." (S. 32)


Auf eine Formel gebracht: Man macht, was nicht wirkt, weil es einfacher erscheint. Zumindest kurzfristig...


Blöd, um nicht zu sagen: Kriminell, angesichts der physischen, vor allem aber psychischen und sozialen Langzeitfolgen für das Selbst- und Fremdbild der Medikamente schluckenden Kinder...