Antisemitismusfilm in der ARD

Gestern Abend (spät: 22 Uhr 15 bis 23 Uhr 45) lief der umstrittene Film zum Antisemitismus in Deutschland (und Frankreich), der vom WDR (für ARTE) in Auftrag gegeben, zunächst aber nicht gesendet wurde, dann von der BILD-Zeitung (wenn ich das richtig mitbekommen habe) gestreamt wurde, und jetzt - nach heftigen Zensurvorwürfen - doch noch, wenn auch mit einigen Kommentierungen, gesendet wurde.


Ich habe ihn mir angesehen, und fand ihn nicht so außergewöhnlich. Dass es journalistisch-handwerkliche Fehler darin gegeben haben soll, kann ich nicht beurteilen, neige aber dazu dies zu glauben (was z.B. die Möglichkeit zu Stellungnahmen von Organisationen betrifft, die kritisch erwähnt wurden).


Was mir an dem Film auffiel, ist, dass unendlich viel von Israel und den Palestinensern die Rede war - viel mehr (gefühlt) als vom alltäglichen Antisemitismus in Deutschland oder Frankreich.


Dass die Palestinenser zu einem großen Teil Antisemiten sind, wusste ich schon. Dass Muslime, wenn sie aus arabischen Staaten kommen (d.h. auch Migranten, Flüchtlinge usw.), eine antisemitische Sozialisation durchlaufen haben, ist letztlich auch nicht so überraschend.


Ist der Papst katholisch?


Was ich an der Antisemitismus-Debatte problematisch finde, ist, dass jede Kritik an der jeweils aktuellen Politik der jeweils aktuellen Regierung Israels als Zeichen des Antisemitismus bewertet wird (wie mir schien: auch im Film). Das folgt einem schwarz-weiß-Schema, das mir unangemessen erscheint. Schließlich gibt es auch hinreichend innerisraelische Kritik an z.B. dem Siedlungsbau in den besetzten Gebieten. Rabin wurde von einem Israeli umgebracht.


Die Fokussierung auf Israel verhüllt m.E. die Tatsache, dass es wieder einen wachsenden Antisemitismus in Europa gibt, in Frankreich wohl mehr als in Deutschland. Und dass dabei Muslime eine Rolle spielen, ist sicher auch nicht zu leugnen. Deshalb sollte - anders als im Film - die Frage lauten, wie hier bei uns mit diesen Tendenzen umgegangen wird.


Ein Aspekt, der in dem Film auch nicht vorkam, ist, dass ziemlich viele Israelis - wenn sie jung sind - nach Berlin auswandern. Ein gutes Zeichen, finde ich...


Die an die Ausstrahlung des Films anschließende Diskussion habe ich nicht mehr angesehen: zu spät. Wieder mal eine Sendung, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit (=arbeitende Bevölkerung) gesende wurde.