Beschleunigung

Am Wochenende hatte ich die Gelegenheit, mir von einem hohen deutschen Diplomaten erklären zu lassen, wie in Südamerika vom deutschen Staat die deutsche Industrie gefördert wird.


Wenn ein größeres Projekt international ausgeschrieben wird, dann ersucht der Botschafter um einen Termin bei dem zuständigen Minister - das machen die Botschafter aller Länder, deren Firmen an diesem Auftrag interessiert sind, ebenfalls. Dann geht der Botschafter (manchmal auch sein Stellvertreter) zusammen mit dem Repräsentanten des Unternehmens zum Minister.


Der Vertreter des Unternehmens bringt den bei Geschäftsleuten üblichen schwarzen Aktenkoffer mit. Der Minister ist sehr freundlich, lächelt viel, überhaupt versichert man sich in vielerlei blumigen Worten des gegenseitigen Wohlwollens und der Anerkennung. Am Ende des Gesprächs verabschiedet man sich, ohne irgendetwas vereinbart zu haben.


Aber: Der Repräsentant des Unternehmens vergißt seinen Aktenkoffer. Er ist voll Geld.


Den Auftrag bekommt dann das Unternehmen/das Land, dessen Vertreter den schönsten Koffer zurück gelassen hat (wobei sich die Schönheit quantitativ in Dollarbeträgen erfassen läßt).


Früher durften deutsche Unternehmen solche Zahlungen als "Beschleunigungsgeld" offiziell von der Steuer absetzen. Jetzt werden solche Beträge sicher immer noch von der Steuer abgesetzt - sie müssen aber anders in der Bilanz etikettiert und versteckt werden.


Auf jeden Fall dürfte die Frage, warum Botschafter auch als "Vertreter" (ihres Landes?) bezeichnet werden, jetzt beantwortet sein.