Bologna

Nach etwas mehr als einer Woche in Bologna, bin ich ziemlich ambivalent dieser Stadt gegenüber. Zweifellos eine sehr schöne Stadt. Das Besondere sind die Portici, die Arkaden oder Kollonaden, die fast alle Strassen der Altstadt säumen. Insgesamt ca. 38 km. Im 13 Jahrhundert wurde von der Stadtregierung beschlossen, dass alle Häuser solche überdachten Fußwege am Rande der Strasse besitzen müssten. Ein Beschluss, der sich heute noch auswirkt: im Sommer der ideale Schutz gegen die Hitze, jetzt, d.h. die letzte Woche, gut gegen Regen.


Trotzdem, irgendwas hat mich befremdet an dieser Stadt. Sie ist zweifellos keine der ärmeren italienischen Städte. Zumindest gibt es reiche Leute. Dafür sprechen alle die teuren Nobel- und Designer-Läden, die man auch am Kudamm findet und in denen in Berlin in erster Linie Russen einkaufen.


Und es gibt auch viele junge Leute, Studenten, die verkleidet und ausgelassen ihre Laurea feiern ("Dottore, Dottore...").


Aber trotzdem: Was mich irgendwie deprimiert hat, war das magere kulturelle Angebot. Jede deutsche Kleinstadt mit Stadttheater und Volksbühne investiert offenbar mehr in die eigene kulturelle Infrastruktur als Bologna, Sitz der ätlesten europäischen Universität. Es gibt Theater, aber die sind im besten Fall vier oder fünf Tage im Monat in Betrieb (das Opernhaus), im schlechteren Fall sind sie nur zwei Tage geöffnet oder ganz geschlossen.


Städte veröden, wenn sie nur noch als Einkaufsort fungieren.


Die vielen Paläste, die es gibt, kann man meist nur von außen besichtigen, da sie in Privatbesitz sind. Und von außen sind italienische Gebäude aufgrund einer Jahrhunderte alten Tradition der Steuervermeidung (= außen pfui, innen hui) nicht wirklich sehr beeindruckend.


Um es kurz zu machen: 20 Jahre Berlusconisierung haben Italien kulturell verarmen lassen. Und das merkt man nicht nur in Bologna, sondern auch in all den anderen, ansosten sehr attraktiven Städten.


Leben will man da nicht - zumindest, wenn man aus Berlin kommt.


Positiv zu bemerken: Bologna scheint mir die italienische Stadt mit den meisten Buchhandlungen zu sein. Zwar Ketten (Feltrinelli, Mondadori, IBS), aber gut sortiert...


In allen zu finden: Ein Stapel des Buches "Tutti a Berlino", in dem eine Gebrauchsanweisung geliefert wird, wie man in Berlin eine berufliche oder geschäftliche Existenz aufbaut: von der Wohungssuche, über die Anerkennung akademischer Titel, bis zum Umgang mit Behörden...