Ceta

Jetzt ist CETA also unterzeichnet. Ist das nun gut? Ist es schlecht?


Mir scheint, die öffentliche Diskussion verläuft nach einem Schwarz-weiß-Muster, und das macht mich immer mißtrauisch. Ich persönlich kann mir über den Text des Vertrages keine eigene Meinung bilden, da ich ihn nicht gelesen habe und auch nicht vorhabe, ihn zu lesen. Mir geht es auch gar nicht um die Einzelheiten dieses oder ähnlicher Verträge, sondern um ein paar Prinzipien, die - wie ich finde - es als angemessen erscheinen lassen, die  Ambivalenz ihnen gegenüber zu bewahren (und dann natürlich trotzdem bzw. gerade deswegen Entscheidungen zu treffen).


Die Globalisierung ist ja nicht zurück zu drehen (man bekommt die Zahnpasta nicht mehr in die Tube zurück). Sie hat meines Erachtens viele Vorzüge: Man kann sich relativ frei durch viele Länder bewegen, andere Kulturen studieren, bei uns in exotischen Restaurants essen, Waren vom Ende der Welt für einen Appel und ein Ei kaufen oder dorthin teuer verkaufen usw. All das ist Ergebnis des Freihandels. Allerdings ist auch ein Preis dafür zu zahlen: Man muss nicht nur mit den lieben Nachbarn drei Häuser weiter in einen Wettbewerb um Ressoucen, Arbeit, Anerkennung treten, sondern weltweit. Das hat zur Verschlechterung der Lebensbedingungen all derer geführt, die - z.B. weil sie in der Produktion beschäftigt sind - den Wettbewerb um immer niedrigere Löhne gegen Leute aus der sog. Dritten Welt verlieren, bzw. bei den Bewohnern Afrikas (z.B.) zur Verarmung führt, weil die Leute dort gegen die Produkte aus dem Westen mit ihren Produkten keine Chance haben. Insofern ist die Öffnung der Grenzen immer auch ein hohes Risiko für die in einer regionalen Gesellschaft etablierten Mechanismen der Balancierung von Unterschieden des Lebensstandards. Diese Balancierung findet nun weltweit statt, und wenn es den einen besser geht, geht es in diesem Fall (nicht zwangsläuftig, aber de facto doch) schlechter.


Wenn solche Abkommen wie CETA abgeschlossen werden, dann ist es wichtig, dass darin bestehende Sozialstaatsstandards, Arbeits- und Umweltschutznormen, Rechtstaatlichkeit usw., d.h. in unserem Fall: die Aspekte unserer Verfassung, die jene Lebensweise sichern, die wir nach dem Zweiten Weltkrieg erstritten haben, geschützt werden und nicht der Macht globaler Märkte - und damit global agierender Konzeren - unterworfen werden. Für Afrika müsste ein Handelsregime vereinbart werden, dass die Entwicklung dort vor westlichem oder chinesischem Dumping etc. schützt usw.


Das heißt: Der Primat der Politik muss gegenüber der Wirtschaft erhalten bleiben - oder besser gesagt, wieder hergestellt werden, und zwar weltweit und nicht nach den kleinkarierten und provinziellen Prinzipien der neuen Nationalisten.


(Nach allem, was ich höre, soll CETA in der Hinsicht ganz akzeptabel sein - womöglich erst nach dem Widerstand der Wallonen.)