de Maizière

Unser Verteidigungsminister verteidigt sich in der "Drohnen-Affäre" damit, dass er nicht informiert gewesen sei. In der Presse wird er daher als "Selbstverteidigungsminister" verhöhnt, und die politischen Gegner werfen ihm vor, er habe sein Ministerium "nicht im Griff".


Dazu ein paar Anmerkungen: Den Hohn hat er sich verdient, weil er sich nicht damit verteidigen kann, etwas nicht gewusst zu haben. Der oberste Hierarch einer jeden Organisation weiss in der Regel das meiste nicht, was in seinem Laden passiert. Wie sollte er auch, wo doch Hunderte oder Tausende autonomer Akteure alltäglich ihre autonomen Entscheidungen treffen? Das enthebt ihn aber nicht der Verantwortung dafür, was in seinem Verantwortungsbereich geschieht.


Aber der Vorwurf, den Laden nicht "im Griff" zu haben, ist auch schlichtweg schwachsinnig. Denn solch einen Laden kann man nicht in den Griff bekommen.


Das kreiert die Paradoxie, in der sich jede Führungskraft sieht: Sie trägt die Verantwortung für Prozesse, die sie nicht unter Kontrolle hat.


An Ministerien ist das Besondere, dass dort ein funktionierender Verwaltungsapparat mit ziemlich kompetenten Mitarbeitern etabliert ist, der trotz wechselnder Chefs funktionieren muss, frei nach dem Motto: "Ist mir doch egal, wer unter mir Minister ist."


Kein neuer Minister kann die Kultur solch einer Organisation verändern, er muss und wird sich ihr anpassen... ob er will oder nicht. Trotzdem gilt - auch im Fall de Maizière - dass der Fisch vom Kopf stinkt (hier aber bei wechselnden Köpfen).


Was solch eine Führungskraft tun kann und muss: Innerhalb ihres engeren Führungskreises für eine Atmosphäre der Offenheit und des Vertrauens zu sorgen, damit die Wahrscheinlichkeit, dass alle politisch relevanten und potentiell brisanten Themen in die Diskussion kommen. Diese engen Mitarbeiter müssen die Verantwortung dafür übernehmen, dass er gut informiert ist. Das kann er allein nicht kontrollieren, er ist da vollkommen abhängig.


Das scheint unser Verteidigungsminister nicht geschafft zu haben. Er gilt ja, wenn man der Presse trauen darf, als korrekt und als Pedant. Womöglich hat er ja versucht, mit Pedanterie und Kontrolle seinen Laden zu führen. Wer kontrolliert, scheitert in der Regel durch Kontrollverlust (d.h. er wird von der Realität eingeholt, dass keine Organisation "in den Griff" zu bekommen ist, wohl aber zu führen...).


Alles in allem eine Angelegenheit, die seine Kompetenz als Führungskraft in Frage stellt...