Die Assmanns

Heute wurde der Friedenspreis des deutschen Buchhandels an Aleida und Jan Assmann verliehen. Eine gute Entscheidung. Ein bemerkenswertes Paar, jeder für sich bemerkenswert, jeder Schöpfer eines bemerkenswerten, eigenständigen Werks, das dennoch das Ergebnis gemeinsamer Arbeit ist.


Sie, Anglistin, hat viel über das kulturelle Gedächtnis geschrieben, er, Ägyptologe, hat über Religion und ebenfalls über Kultur und Tradition publiziert. Sie waren und sind sich offenbar stets Gesprächspartner und intellektueller Sparringspartner (wenn ich das mal so sportlich formulieren darf), so dass ihre Arbeiten als das Resultat einer gelungenen Ko-Evolution unterschiedlicher Theoriestränge betrachtet werden kann.


Aber ich will und kann hier nicht viel über ihr Werk schreiben, dazu kenne ich es viel zu wenig. In der Hinsicht sei auf die Ausführungen des Laudators, Hans-Ulrich Gumbrecht (hat übrigens bei Carl-Auer publiziert), verwiesen.


Was ich an den Assmanns, deren Karriere ich seit ca. 30 Jahren mit Interesse verfolge (ich kenne sie aus privatem Heidelberger Kontext), immer fasziniert hat, ist die Tatsache, dass es hier ein Paar geschafft hat, sich nicht der scheinbar zwingenden Alternative zu unterwerfen, zwischen Familie und beruflichem Erfolg zu wählen. Beide haben fünf Kinder, und produzieren - dennoch - relevante Bücher am laufenden Band.


Ich kenne noch einige andere Paare, denen dieses Kunststück - aus meiner Sicht - gelungen zu sein scheint. Was sie verbindet (und das sind die Assmanns wahrscheinlich ein gutes Beispiel), dass sie Berufe haben, in denen sie weitgehend die Hoheit über ihren Kalender bzw. die Gestaltung ihres zeitlichen Engagements haben bzw. hatten. Hochschullehrer müssen nicht von 9 - 17 Uhr in irgendeiner Organisation stechuhrüberprüft antanzen, sondern können ihre Lehrveranstaltungen weit besser im Einklang mit familiären Anforderungen terminieren. Wenn beide Partner das tun können, ist es ideal. Man kann die Sorge um die Familie teilen, die Arbeitsteilung verhandeln usw.


Ob das bei den Assmanns so war, kann ich nicht beurteilen, dazu kenne ich sie zu wenig. Und dass das bei anderen Professorenehepaaren, die ich näher kenne, gelingt, kann ich auch nur teilweise bestätigen. Im Zweifel kümmert sich, so ist mein Eindruck, die Frau immer noch mehr als der Mann um die Familie. Trotzdem: Wenn beide Partner - seien sie nun Professoren mit all der Freiheit, die ihr Status ihnen gewährt, oder Selbständige, die keinem Chef Rechenschaft ablegen müssen - die zeitlichen Ansprüche und Belastungen, die durch ihren Beruf gegeben sind, frei aufeinander abstimmen können, dann stellt sich nicht mehr in gleicher Weise wie bei Menschen, die sich in irgendwelchen Organisationen deren Zeitschemata unterwerfen müssen, die Frage, sich für die Familie oder den Beruf, gegen die Familie oder gegen den Beruf entscheiden zu müssen. Statt mit der Entweder-oder-Alternative sind sie mit einer Sowohl-als-auch-Möglichkeit konfrontiert.


Um diese Option für mehr Menschen zu eröffnen, müssen sich die Organisationen ändern...