Die Psychologie des Zockens - Oder: Was Uli Hoeneß treibt

Nein, Uli Hoeneß ist nicht krank. Und seine öffentliche Bloßstellung jetzt ist nur die Kehrseite seiner Glorifizierung. Und beides - seine Erfolge wie seine Niederlage - sind, was seine eigenen Aktivitäten angeht, Ergebnis ähnlicher psychischer Prozesse. Denn das Erfolgsgeheimnis des Managers Hoeneß ist dasselbe wie sein "Scheitergeheimnis": die Lust am Zocken.


In einem bemerkenswerten Artikel mit dem Titel "Zocken, oder: Psychologische Erfolgsfaktoren des Kapitalismus" ist nachzulesen, dass erfolgreiches Unternehmertum immer auch den Aspekt des Zockens hat. Man investiert aktuell Geld in der Hoffnung, dass man nach einer gewissen Zeit mehr Geld zurück erhält als man investiert hat. Der wesentliche Unterschied zwischen dem Setzen in der Spielbank und dem Investieren ist der Zeithorizont. Wenn man ein Unternehmen aufbaut, kommt allerdings noch ziemlich viel Mühe dazwischen. Bei Devisenspekulationen ist das nicht der Fall.


Gemeinsamer Nenner: Die narzißtische Befriedigung, das Realitätsprinzip, das sich auch so formulieren läßt: "Viel Schweiß, viel Geld" (und manchmal noch nicht mal viel Geld) ausgehebelt zu haben. Das grandiose Versprechen des Kapitalismus wie des Spielkasinos ist: "Du musst beim Arbeiten nicht selbst dabei sein..."


Uli Hoeneß hätte aus diesem Popelverein Bayern München nicht einen der wirtschaftlich erfolgreichsten Fußballclubs weltweit gemacht, wenn er nicht diese Art von Narzißmus nutzen könnte. Ich erinnere mich noch, dass in meiner Jugend der TSV 1860 der wichtigste und größte Münchner Verein war. Von Bayern sprach noch niemand. Erst Hoeneß hatte die Größenideen, die man braucht, um solch ein großes Rad zu drehen... Er liebt den Kick, und ich bin ziemlich sicher, dass er im Prinzip auch bereit ist, den Preis dafür zu zahlen, denn Verlierenkönnen gehört zu diesem Spiel. No risk no fun!


Alles nachzulesen in dem zitierten fantastischen, unübertrefflichen, Uli Hoeneß (ohne ihn namentlich zu erwähnen) in den tiefsten Winkeln seiner Seele analysierenden Artikel, der - das sei (natürlich in der mir eigenen Bescheidenheit) erwähnt - in einem meiner Bücher zu finden ist: "Wenn rechts links ist und links rechts"