Familie vs. Kapitalmarkt

Dass VW als Familienunternehmen zu betrachten ist, wurde (in aller Bescheidenheit bzw. falls ich mich recht erinnere) zuerst von mir in die öffentliche Debatte eingeführt (ca. im Jahr 2000). Familienunternehmen ist dabei definiert als ein Unternehmen, bei dem eine Familie den bestimmenden Einfluss auf die Unternehmenspolitik hat. Dass das bei VW der Fall ist, weiss inzwischen jeder, der Zeitung lesen kann. Dass das vorher nicht so gesehen wurde, liegt daran, dass VW auch an der Börse notiert war und obendrein das Land Niedersachsen 20% der Anteile hält.


Familienunternehmen sind, wie bei VW zu beobachten, durch die Eigentümerstruktur in einer engen Beziehung zu einer (Groß-) Familie, so dass deren Dynamik als Risikofaktor zu betrachten ist, sie sind aber auch in einer besonders chancenreichen Position, weil sie unabhängig sind, von den kurzfristigen Profitinteressen der Investoren am Kapitalmarkt, wie dies bei rein börsennotierten Aktiengesellschaften der Fall ist.


Dass VW an der Börse notiert ist, hat in den letzten Jahrzehnten keine wesentliche Rolle gespielt, da die Mehrheit der Familie Porsche/Piech und des Landes Niedersachsen dominant war. Das ist sie zwar jetzt immer noch, aber die Verhältnisse haben sich geändert, einerseits durch den Abgasskandal, vielleicht aber noch mehr durch die Selbstbedienung des Managements, das sich dafür honoriert, den (Volks-) Wagen an die Wand gefahren zu haben, während der Belegschaft Opfer abverlangt werden.


Jetzt kommt nämlich der Kapitalmarkt ins Spiel, vertreten durch Chris Hohn, den Chef eines britischen Hedge-Fonds. Er hat zwei Prozent der Anteile von VW erworben.


Christopher Hoh, zum Ritter geschlagen (Sir Christopher) verdient mit seinen Investments nicht nur viel Geld, sondern er spendet einen Teil der Gewinne, weswegen er werbeträchtig seinen Fonds The Childrens Investment Fonds (TCI) nennt, und - das ist sein Markenzeichen - er versucht die Politik der Unternehmen, an denen er beteiligt ist, massiv zu beeinflussen. So hat er vor Jahren die Fusion von Deutscher Börse, Frankfurt, und London Stock Exchange verhindert und dafür gesorgt, dass das dafür zurück gelegte Geld an die Investoren ausgeschüttet wird.


Jetzt hat er begonnen, Einfluss auf die Politik von VW zu nehmen: Er fordert, dass keine Vertreter der Politik mehr im VW-Aufsichtsrat sitzen sollen. Niedersachsen raus! Niedersachsen hat 20%, TCI 2% - eigentlich sollten die Machtverhältnisse klar sein. Aber so einfach ist das nicht, da Hohn in der Lage ist, Allianzen zu bilden, um seine Ziele durchzusetzen., wie er in der Vergangenheit oft bewiesen hat. Das wir er hier auch versuchen.


Wie dieses Spiel ausgeht, ist also offen. Was wir hier sehen können, ist wieder einmal ein Beispiel für den Unterschied zwischen fester und loser Kopplung: Eigentum und Unternehmen fest gekoppelt im Familienunternehmen, lose gekoppelt in der börsennotierten Aktiengesellschaft.


Interessant...


Quelle: Britischer Investor TCI greift VW-Spitze an - Wirtschaft - News zu Unternehmen & Märkten - Berliner Morgenpost