"Meine Psychose, mein Fahrrad und ich"

Jetzt kommt Werbung:


Eigentlich vermeide ich es ja, hier für Bücher aus dem Verlag zu werben (obwohl das natürlich der ganze Sinn dieses Blogs ist). Besonders schwer tue ich mich, für eigene Bücher zu werben. Aber jetzt muss ich das doch tun (=fühle den inneren Drang). Denn ich habe die 14. Auflage des o.g. Buches in der Hand, in neuer Rechtschreibung neu gesetzt und mit besseren Grafiken. Inzwischen hat die Auflage eine Höhe von über 40.000 Exemplaren erreicht, was bei Büchern über Psychosen sicher nicht so häufig ist (nicht mal bei Büchern über Fahrräder).


Beim Durchblättern des Buches fiel mir wieder ein, wie ich es geschrieben habe. Wir, meine kleine Familie und ich, waren für ein knappes halbes Jahr in der Südsee und sind von Insel zu Insel vagabundiert. Ich sass in Fidschi, Samoa, Tahiti usw. mit einem der damals noch schwereren Laptops (ohne Festplatte, d.h. jeder Text musste sofort auf Floppy-Disk gesichert werden) an irgendwelchen Stränden bzw. Bungalow-Terassen in Strandnähe und habe geschrieben, während die Kinder mit den einheimischen Kids spielten. Der "böse Ratu" und die "süsse Anna" waren in erster Linie an dem eropäischen Spielzeug interessiert, das die Hälfte unseres Gepäcks ausmachte. Beim Reinlesen ins Buch wurde mir klar, wie viele der aktuellen Eindrücke und Erfahrungen ich damals in den Text als Beispiele eingebaut habe... ein wenig Südseeflair. Und es wurde mir auch wieder klar, dass ich damals zu dem Schluss kam, dass man unmöglich den ganzen Tag an einer wunderbaren blauen Lagune sitzen und auf das Meer glotzen kann, ohne sich zu Tode zu langweilen... Arme Meuterer auf der Bounty!


Es hat eine Weile gedauert, ehe das Buch in der psychiatrischen Fachliteratur zitiert wurde, offenbar war der Titel nicht seriös genug. Aber es wurde immerhin in einige Sprachen übersetzt: Englisch, Französisch, Spanisch (in Argentinien), Türkisch, eine chinesische Ausgabe ist in Vorbereitung. Und es wurde außerhalb der Psychoszene rezipiert. Luhmann hat es in seiner Überlegungen zu Paradoxie und Entscheidung freundlicherweise zur Kenntnis genommen.


Ich finde, um es kurz zu sagen (ich hatte es nach Abgabe des Manuskripts nicht mehr gelesen - tue ich bei meinen Büchern nie): Es ist ein ziemlich gutes Buch.


Eigenlob stinkt, sagt man (obwohl das seit Trump ja nicht mehr gilt: "a great book, fantastic, the best book ever written, unbelievable..."). Aber ist es Eigenlob, wenn man ein Buch lobt, auf dessen Deckblatt der eigene Name steht? Was habe ich heute noch mit dem Autor zu tun, der vor Jahren dieses Buch verfasst hat? Was mit dem Buch, das dieser Autor vor Jahren geschrieben hat?


Es gibt eine interessante Bemerkung von Claude Lévi-Strauss, der sinngemäß sagt, er habe mit den Büchern, die er früher einmal geschrieben hat, nichts mehr zu tun. Er sei nur - mehr oder weniger zufällig - damals gerade an der Stelle gewesen, wo dieses Buch sich geformt hat. Und seine Rolle dabei sei eher wie die einer Kreuzung, über die irgendwelche Autos fahren, die dann wieder weg sind...