Morgenmagazin

Das ARD-Morgenmagazin scheint mir ein gutes Beispiel dafür, wie man Leute, die nachts arbeiten, und Leute, die tagsüber arbeiten miteinander in Verbindung bringen kann bzw. wie sich ein gemeinsamer Erfahrungsraum für sie eröffnen läßt.


Vor einigen Tagen habe ich in einem Hotelbett gelegen, es war noch etwas Zeit, bevor es wirklich mit dem Aufstehen ernst zu werden hatte, so dass ich den Fernsehapparat einstellen konnte. Das ARD-Morgenmagazin. Die perfekte Sendung für den Halbschlaf.


Wenn man noch nicht richtig wach ist, wird dieser tranceartige Zustand durch die Sendung und ihre öden Moderatoren nicht gestört, und wenn man die Nacht über gearbeitet hat, dann wirkt sie besser als Baldrian, um in den Schlaf zu finden.


Aber, es war, glaube ich, am Donnerstag, da sehe ich - noch dösend - ein versteinertes, maskenartiges Gesicht. So nah war ich noch nie mit dem Abbild Erika Steinbachs konfrontiert worden. Es reichte nicht, um mich wirklich wach zu machen. Doch dann, der Interviewer fragte sie nach ich weiss nicht was, ihre Antwort: "Herr Bartuszewski hat einen schlechten Charakter!"


Ich habe inzwischen darüber nachgedacht, warum ich sofort hellwach war.


Was mich (und den Interviewer) sprach- und fassungslos gemacht hat, war wohl, mit welch einfältiger Sicherheit hier ein Weltbild gezeigt wurde, das ich in seiner Schlichtheit für geradezu mittelalterlich halte.


Die Zuschreibung eines guten oder schlechten Charakters als Erklärung für soziale/politische Schwierigkeiten und Konflikte.


Es gibt sicher viele Menschen, die immer noch so denken. Aber dass sie im Vorstand einer deutschen Regierungspartei Platz und Stimme finden, ist schon erschütternd (für mich natürlich nur).


Für mich die andere Art Weckruf, sich die Weltbilder unserer Politiker ein wenig näher anzusehen (- nicht ihren Charakter).