Nolympia

Liest man heute die Zeitungen zur Ablehnung der Hamburger Olympia-Bewerbung, so ist der Tenor meist: Angst vor Veränderung habe die Bürger gegen dieses Projekt stimmen lassen, Kleinmütigkeit, Provinzialismus o.Ä.

Mir scheint das eine Fehleinschätzung. Man kann das Ergebnis auch als Zeichen von Reife einer Bevölkerung deuten, die sich nicht mehr durch das Blendwerk von Großereignissen oder Großmannssucht verleiten läßt, um der Eitelkeit von Politikern willen riesige Kosten und Lasten auf sich zu nehmen.

Sport ist längst zu einem von korrupten Funktionären gestalteten Kommerzereignis verkommen, und die positiven Wirkungen für den Austrgungsort olympischer Spiele kann man getrost in Zweifel ziehen. In München mag das 1972 noch der Fall gewesen sein. Schreckliches Gegenbeispiel: Athen, wo alle Anlagen verrotten, weil sie nach den Spielen nicht mehr genutzt wurden.

Dass ein Stadt wie Boston sich auch gegen die Olympics entschieden hat, spricht Bände. Da ist Hamburg in guter Gesellschaft. Dass man Hamburg ins Rennen geschickt hat, war ja, weil die Berliner sicher auch nicht begeistert reagiert hätten.

Vielleicht sind wir ja am Ende von derartigen gigantischen Projekten - sei es Stuttgart 21 oder die Olympischen Spiele. Aber das müsste ja wirklich kein Nachteil sein, weil kleine, feine Projekte zum einen weniger korruptionsgefährdet und zum anderen bürgernäher und leichter zu organisieren sind. Solche Mammutprojekte sind ja wahrscheinlich Ausdruck nationalen Minderwertigkeitsgefühls, wie man es in aufstrebenden Drittweltländern wie China, aus arabischen Emiraten oder Putins Russland kennt. Dort können dann noch - undemokratisch und unbürokratisch - Riesenstaudämme gebaut und ganze Städte aus dem Boden gestampft werden, ohne alle Rücksicht auf die Interessen der Bürger und die ökologischen Schäden. In Westeuropa kann man mit Bauten und megalomanen Veranstaltungen heute als Nation genausowenig Prestige gewinnen wie als Bürger mit einem dicken Auto.

Also zusammengefaßt: In politisch entwickelten demokratischen Staaten dürfte es in Zukunft weniger derartige Veranstaltungen geben (wieder mal eine meiner treffsicheren Prognosen).