Seehofers Rachegelüste

In der aktuellen Bundesregierung, die ja eine von drei Parteien gebildete Koalitionsregierung ist, zeigen sich archaische Muster der Beziehungsregulation, die interessant sind.


Minister Friedrich musste zurücktreten, da er das Amtsgeheimnis als Innenminister verletzt hat. Er tat dies aus offensichtlich freundschaftlichen Motiven, um die SPD vor einem Skandal zu bewahren. Die SPD ihrerseits bzw. ihre Führungsspitze hat "geschwätzt" und dadurch den Rücktritt Friedrichs nötig gemacht. Dies wird vom CSU-Chef Seehofer als Schweinerei bewertet und er fordert nun Genugtuung. Sie soll offenbar - wenn man seinen Statements folgt - dem Muster der Blutrache folgen: Wenn bei uns einer seine Existenz aufgeben musste, dann muss um des Gleichgewichts willen auch bei euch ein Kopf rollen. Zwei soziale Einheiten definieren ihre Beziehung als symmetrisch, und wenn die eine der anderen einen Schaden zufügt - z.B. die Zahl der Mitglieder durch Mord oder Totschalg reduziert - und dadurch die Symmetrie der Beziehung zwischen beiden Einheiten in Frage stellt, kann diese Symmetrie wieder hergestellt werden, indem - das ist der Zweck der Blutrache - auch ein Mitglied der anderen Einheit umgebracht wird.


Jetzt wird dieser Logik entsprechend der Kopf eines hohen Würdenträgers, vergleichbar einem Minister (wahrscheinlich der Thomas Oppermanns, des Fraktionsvorsitzenden) gefordert.


In den archaischen Mustern konnte das Beziehungsgleichgewicht zwischen Stämmen und/oder auch durch die Zahlung von Blutgeld wieder hergestellt werden (falls der geschädigte Stamm oder die um eines ihrer Mitglieder reduzierte Familie sich darauf einließ). Was das Blutgeld im vorliegenden Fall sein könnte, muss wohl noch verhandelt werden...