TTIP

Hundertausende sind in Berlin zur Zeit auf der Strasse, um gegen TTIP zu protestieren. Ich kann sie gut verstehen, obwohl ich meine, dass Freihandelsabkommen generell ambivalent zu betrachten sind.


Das, was für sie spricht, ist auch ein Grund sie abzulehnen. Durch das Öffnen von Grenzen und die Abschaffung von Zöllen, kommt es zur Konkurrenz zwischen Unternehmen, unabhängig von ihrem nationalen Standort. Das ist per se ja nicht schlecht. Schwierig wird es nur, wenn dadurch Systeme miteinander in Konkurrenz geraten, die unterschiedlichen Steuerungsprinzipien folgen. Wenn, wie in den USA, der Markt an die Stelle politischer Steuerung gesetzt wird (die Super- PACs der Milliardäre kaufen sich die ihnen passende Politik), kommt es zwangsläufig zu Wild-West-Verhältnissen, weil die Unterschiede zwischen arm und reich, ohnmächtig und mächtig - so funktionieren Märkte nun einmal - immer größer werden. Es ist so, als ob man Boxkämpfe veranstalten, in denen Fliegengewichtler gegen Schwergewichtler antreten und dann davon ausgeht, dass der Bessere gewinnt.


So ist Freihandel für Deutschland wahrscheinlich überwiegend von ökonomischem Vorteil (Chlorhühnchen hin oder her), aber für Dritte- Welt-Länder ist er tödlich. Hier bedarf es des Schutzes z.B. vor Ausbeutung durch neokolonialistische Agrarkonzerne, die Kleinbauern das Land für einen Appel und Ei abkaufen und dann großflächig für die erste Welt produzieren, während die Einheimischen verhungern (bzw. konsequenterweise nach Europa auswandern).


Dass mit dem ins Auge gefaßten Investitionsschutzabkommen und den Schiedsgerichten die rechtstaatlichen Grundlagen aller beteiligten Länder in Frage gestellt werden, ist sicher einer der wichtigsten Gründe massiv Widerstand gegen einen entsprechenden Vertrag zu leisten.


Und die Geheimverhandlungen über TTIP sorgen auch nicht gerade für viel Vertrauen in dessen Sinnhaftigkeit und die Lauterkeit der Akteure bzw. ihrer Ziele.


Alles in allem gibt es also viele gute Gründe zu demonstrieren.