Die Verfolgung der Verfolgung von Autoren

Gerade wieder zurück aus China lese ich eine kleine Randnotiz zu verfolgten Autoren in den verschiedensten Ländern der Erde. In China gibt es, und darüber hatte ich mit verschiedenen Menschen in China gesprochen, große Probleme für Autoren, Künstler und Kreative ihre Meinung frei zu äußern. Das ist hinlänglich bekannt und man kann sich darüber austauschen, wie man damit umgehen will.


China ist ein riesiges Land mit vielleicht 1,4 Milliarden Menschen. Wenn so viel über die Unterdrückung der freien Meinungsäußerung besagter Autoren geschrieben wird, müsste es doch auch eine riesige Menge von verfolgten Autoren geben.


Nun, bei meiner jüngsten Reise nach China war ich aber über drei Dinge überrascht: einerseits über die Allgegenwart von (staatlicher und polizeilicher) Kontrolle, andererseits über die vielen wirklich offenen und kritischen Gespräche mit verschiedenen Menschen sowie eine vielschichtige und auch kritische Berichterstattung in den Medien. Schließlich überrascht über die Internalisierung von (tatsächlicher und / oder befürchteter) Kontrolle.


Die Einschätzung und Bewertung von Meinungsfreiheit und  Verfolgung scheinen sich, und das überrascht mich nicht ganz, durch die räumliche Distanz, aus der man besagte Bewertung vornimmt,  und die Absicht, mit der man unterwegs ist, zu verändern.


Die tatsächliche Verfolgung von Autoren kann hierdurch nicht schön geredet werden. Und doch merke ich, dass die Berichterstattung über besagte Dinge leicht tendenzöse Züge annehmen kann. Züge, die vielleicht ja eine Verfolgung der Verfolgung in China bewirkt.


Bevor ich es vergesse, in der kleinen Randnotiz hieß es durch den Vizepräsidenten des deutschen PEN-Zentrums, Sascha Feuchert, dass es in der Türkei mehr verfolgte Autoren gibt als in China. Wie viel Einwohner hat noch einmal die Türkei? Und hat nicht die Türkei einen Antrag auf EU-Mitgliedschaft gestellt, der wie auch immer bearbeitet wird?


Würde man China, Gesetz der Fall, es würde auch so einen Antrag stellen, ähnlich kritisch-wohlwollend behandeln?