Mut zum Tun - aber bitte ohne Worte

Das Bild ist inzwischen zu einer Ikone in Politik und Bildjournalismus geworden. Wer erinnert sich nicht an den so überraschenden Kniefall des damaligen Kanzlers Willy Brandt am Ehrenmahl in Warschau. Wie er selbst später bemerkte, hatte er dies ohne protokollarische Absprache, ganz aus dem Moment heraus getan.


Politisch gesehen war Brandts Kniefall die passende Geste zum geeigneten Zeitpunkt. Fotografisch gesehen wohl ein Überraschungscoup. Und medial gesehen der Eye-Catcher, wie man aus heutiger Sicht sagen würde.


Auf jeden Fall unvergesslich. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einem ikonografischen Foto, das durch sich selbst, den körperlichen Ausdruck und den hierdurch erzeugten Affekt beim Betrachter nachhaltig wirkt. Man muss diese Art Foto nicht mehr im Einzelnen erörtern, nicht mehr hinsichtlich möglicher unterschiedlicher Perspektiven diskutieren, klären oder gar hinterfragen.


Diese Art Foto (er-) schafft und konserviert gewissermaßen seine eigene Reputation und Überzeugungskraft.


Warum erzähle ich das. Nun, im Rahmen der Feierlichkeiten zum 150 jährigen Bestehen der SPD wird u.a. auch auf Brandts Kniefall Bezug genommen. Brandt selbst wird in den Medien mit folgender Aussage über seine damalige Geste zitiert:


„Ich tat, was Menschen tun, wenn Worte versagen!


Ohne im Einzelnen auf die gewiss vielfältigen Weisen der möglichen Deutungen, wie man Brandts Aussage wohl zu verstehen habe, einzugehen, möchte ich auf einen wesentlichen Aspekt von Körpersprache und nonverbaler Kommunikation hinweisen. Nämlich auf den Umstand, dass es bewusste Gesten, halb- und unbewusste Gesten geben kann. Aber auch nicht bewusste Gesten. Damit sind Gesten gemeint, die nicht / nie den Raum des Bewusstsein erreichen werden.


Und gerade durch diesen Umstand wohl auch so überzeugend sind.