Neue Zahlen aus China....haben wir doch gleich schon gewusst

Nun ist es sicher: China hat mal wieder absichtsvoll die Weltöffentlichkeit getäuscht. Die Zahl der Toten in Wuhan sei jüngst um 1290 nach oben hin korrigiert worden. Dies würde einem Anstieg von 50 % entsprechen.


Ein solcher Anstieg wäre, wenn er jetzt, hier und heute, zu verzeichnen wäre, tatsächlich ein bedrohlicher Anstieg. Außenminister Maas, nicht nur er, fordert „daher“ volle Transparenz von der chinesischen Regierung.


Viele Medien sehen in dieser Zahlenkorrektur das, was sie schon immer zu wissen glauben: China sei der Ort des „Übels“ oder des „Bösen“. Das Covid-19 Virus dient somit einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Also aufgepasst.


Da ich seit vielen Jahren kontinuierlich in China beruflich unterwegs bin, hatte ich immer wieder kleine Einblicke in chinesische Gepflogenheiten und / oder Bedingungen des chinesischen Alltags. Insbesondere in die Art der Beziehungsgestaltung zwischen politischen und / oder administrativen Organisationen. Und auch in Bezug auf die Menschen. Ohne hierauf im Einzelnen eingehen zu wollen, kann ich mir vorstellen, dass es dort vielfach „Reibungsverluste“ bei der Kommunikation von relevanten Zahlen gibt.


Ich habe bewusst diesen Begriff aus dem „Management-Sprech“ gewählt. Beschreibt er doch spezifische, oft eintretende Vorgänge, ohne dass diese sofort mit „gut oder böse“ gekennzeichnet werden. Und das ist auch gut so, würde man sich anderenfalls bei Betrachtung solcher „Reibungsverluste“ gleich nach dem Motto bekämpfen (müssen): „Ich bin ok, wenn Du nicht ok bist“.


Zur Ermittlung und Kommunikation solcher Zahlen unter solchen Umständen möchte ich noch Folgendes ergänzen: Krisenzeiten stellen enorme Herausforderungen an die verlässliche Ermittlung von Daten. Überall auf der Welt. Dies bezieht sich auch auf die Kommunikation der (möglichen) Belastbarkeit solcher Zahlen. Wenn wir dies auf die Situation in Deutschland und Europa angewandt wissen wollen, warum „gestatten“ wir dies nicht auch anderen Gesellschaften und politischen Systemen.


Ein weiteres interessantes Beispiel ist die mediale Berichterstattung (vom 17.4.2020) zur Ermittlung der R-Zahl. Gestern hiess es, dass ein Infizierter einen weiteren Menschen anstecken könnte. Heute auf einmal sei der R-Faktor 0,7. Wie kann sich mir als einem Datenlaien eine solch erstaunliche Verbesserung innerhalb einesTages erkären? Und wie kann sich jemand im Ausland sich so etwas erklären? Müßte er nicht, wie ich es für einen Moment auch so erlebte, diese Zahl politisch deuten? Und wie würde, so frage ich mich, jemand auf diese beide beiden Zahlen schauen, wenn er Deutschland voreingenommen gegenüber ist? Verständlich wäre es.


Warum legen wir (zunächst) nicht dieselbe Messlatte an bei der grundsätzlichen Bewertung von Zahlen, wie belastbar sie auch seien? Eine dieser Messlatten ist zum Beispiel die Berücksichtigung von kontextuellen Bedingungen, die die Ermittlung und Kommunikation von relevanten Zahlen erschweren oder behindern? Wie snd die Datenerfassungssysteme ausgestattet? Wie gestaltet sich die Kommunikation der benutzten Daten and die Auftraggeber? Wer wird von wem für das Ermitteln der Daten bezahlt? Ich möchte gerne wissen, unter welchen Umständen diese Zahlen, wo, wie, mit welchen Parametern usw ermittelt wurden. - Übrigens, die für die aktuellen politischen Entscheidungen so wichtige R-Zahl soll, wenn ich es recht verstanden habe, letztendlich eine geschätzte Zahl sein. Wenn das nicht eine politische Bewertung ist.


Zahl ist also nicht nur Zahl, sondern immer eine politische Zahl.


Warum wird dies nicht hinreichend kommuniziert, bevor man wieder in die tiefe Kiste der „Hab-ich-schon-immer-gewusst-Vorurteile“ greift? Der wissenschaftlich an sich wichtige Diskurs z. B. zwischen den zwei Virenexperten Drosten und Streek mögen ein Beispiel hierfür sein. Auch wenn im professionellen Feld eine wissenschaftliche Auseinandersetzung zwischen den Beiden Sinn macht und wichtig ist, wird sie medial als "Entweder-Ich-oder-Du" inszeniert.


Es ist ratsam, genügend Vorsicht bei der Einschätzung und politischen Bewertung von Zahlen, die offiziell aus China kommen, walten zu lassen. Ich will die Notwendigkeit einer solchen Vorsicht nicht unerwähnt lassen. Und doch gilt es grundsätzlich oder zunächst (auch) einmal, die gleiche bewertende Messlatte anzulegen. Um danach zur politischen Bewertung über zu gehen.


Hier ein kleines Beispiel. Über längere Zeit tauchte Bochum, meine Heimatstadt, in den offiziellen Statistiken mit 4 verstorbenen Patienten auf. Die Lokalpresse hingegen berichtete kontinuierlich über den Anstieg bis auf 15 Tote. (Ein Anstieg von beinah 400%) Ohne dass dies in den offiziellen Statistiken auftauchte.


Ist das jetzt politisch gewünschte Intransparenz? Ist das gezielte Desinformation der großen Politik? Und Redlichkeit der „kleinen, da lokalen Politik“?


Sei es wie es ist. Das passiert in solchen Situationen. Dies geschieht in Italien, Deutschland, China und sonstwo.


Übrigens, ich erinnere mich an diesbezügliche Fragen meiner chinesischen Kollegen. Waren sie doch nicht in der Lage eine solche Diskrepanz der in Bezug auf Bochum kommunizierten Zahlen zu verstehen. Sie gaben durch ihre Fragen ihrer großen Sorge um unsere gesundheitliche Situation in Bochum zum Ausdruck, ohne (vornehmlich oder nur) die Diskrepanz politisch zu deuten.