Politik irrt über den Wählerwillen

Eines ist klar: die Kanzlerin ist wiedergewählt. Und daran können auch die Sondierungsgespräche nichts ändern. Aber welche Politik wird es geben? Das ist unklar.


Für die heute beginnenden Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD hat sich jede Seite tatsächlich mit großer Besetzung in Positur gestellt. 42 Augen werden auf einander schauen. So viel wie noch nie. Worauf werden sie achten? Was werden sie sehen? Und wer wird welchem Blick ( nicht ) standhalten können?


Merkel mahnt ernsthafte, faire Gespräche an, da alle Beteiligten eine gemeinsame Verantwortung hätten. Einen Wählerauftrag, den es zu erfüllen gilt.


Offensichtlich irrt Merkel genauso wie die anderen Parteien sich aber was den Wählerwillen und den hieraus erwachsenen Auftrag betrifft.


 Die FDP hat den Wählerwillen offensichtlich nicht gehört. Die Grünen müssen, um leicht abgewandelt mit Trittins Worten zu sprechen, noch so lange warten, bis die Wähler so weit sind, die neue Grünenpolitik zu verstehen.


Die SPD strampelt sich ab und ist offensichtlich, wenn man dem medialen Hintergrundrauschen Glauben schenken mag,  eher noch mit sich selbst beschäftigt, als dass sie ihr klassisches Wählerverständnis auch einmal durch eine moderne Brille betrachten möchte.


Die Union schließlich hat das hohe Wahlergebnis nur Merkels außergewöhnlichen Beliebtheit zu verdanken, aber nicht dem Wählerwillen.


Zum Sondierungsgespräch treffen sich nun die Funktionäre der Parteien. Das ist wohl üblich so. Sie verstehen sich sicherlich als offizielle Vertreter der Parteien. Aber auch als Vertreter mit einem sehr wackligen Vertretungsauftrag?


Die Parteien sind dabei ihren Markenkern zu verlieren, zumindest steht er nach dem 22.9. eindeutig auf dem Prüfstand. Wenn es zutrifft, dass viele Wähler sich durch die Parteien nicht erreicht fühlen, müssten diese, bevor sie sich mit dem jeweiligen Gegner zum Sondierungsgespräch treffen, erst einmal gründlich im eigenen Haus fegen, die eigenen Hausaufgaben machen, nämlich im eigenen Feld sondieren.  Jeder für sich: CDU für sich, CSU für sich. Und SPD für sich. Kann man doch hierdurch erst ein tieferes Verständnis davon bekommen, was den Wähler auch emotional bewegt. Und kann man doch dann erst sich zu Recht als Vertreter der Wähler fühlen und auch so bei den Sondierungsverhandlungen auftreten.