"Wegtrainieren" und "Ruhigstellen" heißt die Devise

Wie ich am Mittwoch bereits in meinem post andeutete, haben viele Menschen eine überraschende und persönliche oftmals fremde Angst vor dem Eigenleben des eigenen Körpers und dem Erleben dieser Vorgänge. In der Regel versucht man die hiermit verbundenen Körperphänomene und das Erleben derselben rational / rationalisierend zu kontrollieren. (z.B. unruhigen Kindern gegenüber, die mit ADHS belegt werden, aber auch das eigene innere emotionale Echo beim Miterleben einer solchen Körperlichkeit)


Hier einige Beispiel aus meiner eigenen Praxis, die aufzeigen, wie tief eine solche persönlich erlebte Angst in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft verankert sein kann. Nicht nur verankert sondern auch durch schlaue Theorien und verschleiernde Statistiken legitimiert:



  • Als ich mit der Fußballmannschaft des Bundesligaclubs Bayer Leverkusen trainierte, unterbrach mich der Konditionstrainer, als dieser an einem der Trainings teilnahm, nach 10 Minuten mit der Aufforderung, ich solle umgehend aufhören. Dieses Training würde die Spieler überfordern, gefährden und sogar zu Verletzungen führen. Die Spieler waren durch die Arbeit mit mir inzwischen vertraut mit der Mobilisierung von (halb-) autonomen Körperreaktionen und lachten eher, als dass sie sich durch die Angst des Konditionstrainers beeinflussen ließen. Ich versuchte den Konditionstrainer mit dem Hinweis zu beruhigen, dass ich in einem VHS-Kurs oftmals über 60 oder 90 Minuten mit ganz "normalen" Menschen arbeiten würde, ohne dass was passiert. Stattdessen würde man sich eher vitalisiert, gut durchtrainiert und zufrieden erleben.

  • In Workshops, die ich für den Deutschen Sportbund (DSB) mit Bundestrainern durchführte, kam es zu noch heftigeren Reaktionen. Nach etwa 30 Minuten verließen, erbost und unter lautem Protest, ca. die Hälfte der Teilnehmer den Raum. Der Rest arbeitete weiter, mit ähnlichen Auswirkungen und Ergebnissen, wie ich sie bei Bayer 04 erlebt hatte. Verbesserung der Körperkompetenz, Stressreduktion und Wohlbefinden. Und natürlich: weiter so.

  • Diejenigen, die sich unter Protest gegen diese Art von Körpererfahrung oder Arbeit mit dem Körper wandten, begründeten ihre Entscheidung mit dem Hinweis: im Sport / Spitzensport würden möglicherweise auftretende (halb-) autonome Körperreaktionen immer als negative Effekte wegtrainiert (werden müssen). Erst dann sei ein Training erfolgreich.

  • In einer meiner Therapiegruppen kam es bei einer Einzelarbeit in der Gruppe zu einem interessanten Vorfall, der die Teilnehmer der Gruppe sehr erstaunte. Ich hatte mit einem Teilnehmer körperlich gearbeitet. Dabei tauchten (halb-) autonome Körperreaktionen wie Zittern, Vibrieren der Muskeln und "seltsame und fremde" Zuckungen im Körper auf. Ich selbst war nicht beunruhigt. Der Klient ebenso nicht. Und doch sprang plötzlich eine Teilnehmerin auf, hin zum auf der Matratze liegenden Teilnehmer und fühlte ihm den Puls. Sie war in großer Sorge, es müsste dem anderen schlecht gehen. Sie war anschließend, als wir alle darüber redeten. nur noch erstaunt darüber, dass es dem Protagonisten so gut ging. Auf meine Frage, was sie so beunruhigt hatte, sagte sie, dass man solche Körperphänomene in der Medizin durch Beruhigungsmittel "beruhigen" (ruhig stellen) würde.

  • Von einer Ex-Schwangeren hörte ich folgende Schilderung: als sie im Kreissaal während der Geburt zitterte (die Muskeln zitterten) und ihr Mann den behandelnden Arzt fragte, was dies sei, dieser geantwortet hatte: er wüsste es auch nicht so genau, aber entweder wäre es seiner Frau kalt oder sie bräuchte was zur Beruhigung. Meine Erklärung, und da stehe ich wohl nicht alleine, ist, dass das Zittern eine natürliche organismische Reaktion war, die unter einem so hohem Stress völlig normal und plausibel ist. Eine Reaktion, die aber sein muss! Sein muss, um den extremen Stress auf eine natürliche, spontane Art und Weise abzubauen.

  • Interessant ist, dass man in Lehrbüchern aus den 50er und 60er Jahren nachlesen kann, dass solche (halb-) autonomen Körperreaktionen normal seien und unterstützt werden müssten. Ab den 70er Jahren soll damit endlich aufgehört werden.


Ich könnte noch viele andere Beispiel aus dem Leben und meiner beruflichen Praxis nennen, die zeigen, wie heftig die Abwehr solchen (halb-) autonomen Reaktionen des Körpers gegenüber ist. Und die zeigen, wie schnell die passenden Erklärungsmodelle aus der Tasche gezogen werden, um das, was natürlich ist, wegzurationalisieren.


Sie kennen wahrscheinlich ähnliche Beispiele, oder?


Solche Vorgänge dienen der übersteigerten (Selbst-) Kontrolle sowie dem Abwürgen spontan auftretender notwendiger körperlicher Prozesse. Die Funktion hiervon ist, die unbewusst gespürte Angst, sich emotional fallen zu lassen, abzuwehren. Würde man sich emotional fallen lassen können und dies auch körperlich erleben können, würden nicht nur die beschwerlichen Symptome reduziert werden oder gar verschwinden, sondern stattdessen noch ein Gefühl de Wohlbefindens entstehen können.


Beides aber im Zusammenspiel verbessert nur verbessert einen zuvor beklagten Zustand.


Dies würde auch ein radikales Umdenken mit sich bringen besagten "beruhigenden Theorien und Medikamenten" gegenüber.


Übermorgen werde ich ein kleines Video zeigen, das solche Vorgänge als natürliche Vorgänge zeigt.