Ernest L. Rossi gestorben

Am 19. September starb einer der einflussreichsten amerikanischen Hypnotherapeuten, zu Hause in seiner privaten Bibliothek – mit einem Lächeln im Gesicht, wie seine Frau Kathryn berichtet.


Mit Ernest Rossi verbindet uns eine Zusammenarbeit, die mehr als 25 Jahre zurückreicht und bis zuletzt andauerte. Im September 1995 feierten wir zusammen mit ihm, Bernhard Trenkle, Agnes Kaiser Rekkas und einigen weiteren Gästen in Heidelberg das Erscheinen des ersten Bandes der Gesammelten Schriften von Milton H. Erickson. Rossi hatte sie noch gemeinsam mit Erickson zusammengestellt und unterstützte das Entstehen der deutschen Ausgabe, wo immer sich bei der Übersetzung Fragen ergaben. Am Ende der kleinen Feier in den Räumen der Internationalen Gesellschaft für Systemische Therapie (igst) bekannte er, nicht alles verstanden zu haben, was gesprochen wurde, “but it warmed my heart”. Mit seiner geschulten Aufmerksamkeit nahm er dennoch auch kleine Details wahr und ging ihnen auf den Grund (etwa den roten Schuhbändeln des Lektors).


Einige Tage später, beim 2. Europäischen Kongress für Ericksonsche Hypnose und Psychotherapie nach Milton H. Erickson in München, war zu beobachten, dass Ernest Rossi nicht nur ein sorgfältiger Editor, sondern auch ein versierter Vermittler und Promotor der Hypnotherapie war. In einfachen, klaren Sätzen beantwortete er auf der Pressekonferenz zur Tagung die Frage eines Journalisten, worin der Unterschied zwischen Klinischer Hypnose und Bühnenhypnose bestehe, sinngemäß so: Bei der Bühnenhypnose gehe es darum, etwas in jemanden hineinzubringen, bei der Hypnotherapie darum, etwas aus einem Menschen hervorzubringen.


Diese Klarheit im Ausdruck trat nicht nur in seinen Seminaren, sondern auch in vielen seiner eigenen Bücher zutage. Sie reichten thematisch weit über die frühen Werke mit Milton Erickson hinaus, die überwiegend der Vermittlung von dessen Ansatz gewidmet waren. Im Zentrum von Rossis Interesse standen die Wechselwirkungen, das Zusammenwirken und die Kommunikation zwischen mind und body. Über Jahrzehnte hinweg beschäftigten ihn unterschiedliche Aspekte der Psychobiologie, der Chronobiologie und – schon früh – der Epigenetik. Bereits in den 1990er Jahren machte Rossi seine Erkenntnisse nicht nur Klienten und Weiterbildungsteilnehmern zugänglich, sondern auch einem breiteren Publikum. In seinem Ratgeber 20 Minuten Pause. Wie Sie seelischen und körperlichen Zusammenbruch verhindern können ist spürbar, dass Rossi neben allem anderen besonders eines war: ein großer Motivator für Veränderungsprozesse (was die Lektüre durchaus zum „life changing event“ machen kann).


An seinem letzten Buch, „Mirroring Hands“, das im kommenden Frühjahr im Carl-Auer Verlag erscheinen wird, hat Rossi über Jahrzehnte gearbeitet. Auch hier verfolgt er, unterstützt von Richard Hill, seine zentralen therapeutischen Anliegen: die natürlichen Problemlösungsfähigkeiten seiner Klienten und die Geist-Körper-Heilung zu fördern. Und Rossi wäre nicht Rossi, wenn dabei nicht auch die Quantenphysik eine Rolle spielen würde. So fragt man sich im Rückblick auf sein Leben, ob die Widmung, die er damals in das erste deutsche Exemplar der Gesammelten Schriften von Milton H. Erickson schrieb, nicht eigentlich sein eigenes Lebensmotto war: “How do you understand what all this is about?“