Blog = Psycho-Test

Ich bin ja wirklich erstaunt, was solch ein Blog für Phänomene produziert. Man tritt in Kommunikation mit Menschen, denen man (oft/manchmal) noch nie persönlich begegnet ist, ereifert sich, eskaliert, schreibt sich um Kopf und Kragen... Die Verführung ist groß, wie in mündlicher Kommunikation schnell und gefühlsgesteuert zu reagieren, nur dass das Ganze eben dann schriftlich geschieht und der Leser den Kontext, die Gefühlslage des Schreibers zum Zeitpunkt des Schreibens (anders als in mündlicher Face-to-face-Kommunikation) und die Vorgeschichte der Beziehung der Betreffenden nicht kennt, so dass er die abgesonderten Texte nicht relativieren kann... Man sollte in e-mails und Blogs nichts schreiben, was in erster Linie vom Gefühl gesteuert ist (siehe dazu mein Kommentar gestern in irgendeiner der turbulenten Diskussionen zur "Moral").


Aber es ist natürlich auch interessant, welche seelischen Abgründe in diesen Beiträge sichtbar werden, wenn jemand z.B. seinen Abscheu (Hass wäre hier zu hoch gegriffen) vor zu Außenministern gewordenen, Steine werfenden Taxifahrern und anderen Personen des öffentlichen Lebens (nur ein Beispiel) artikuliert oder ein anderer den völkischen Beobachter gibt ...


Wie gesagt, die Kommunikation über Moral - und der Versuch, seinen eigenen Vorstellungen von Moral zum "Sieg" zu verhelfen - geht über das Zeigen von Verachtung...


Aber trotzdem wundert mich die Offenheit und die leidenschaftliche Bereitschaft zur Selbstentblößung, die hier deutlich wird. Und das von Leuten, die ich bis dahin als (mehr oder weniger) ernst zu nehmende Gesprächspartner betrachtet habe. Der Firnis der Zivilisation ist offenbar ziemlich dünn (das zum Thema "Unser evolutionäres Erbe").


Zeige mir, was Du in irgendwelchen Blogs schreibst, und ich sage Dir, wer Du bist... (oder so ähnlich)!