Die Paradoxie des Sieges: Putins Problem

Sieg und Niederlage sind Begriffe, die im Sport oder überall dort, wo es sich um einen zeitlich begrenzten Wettkampf handelt, sinnvolle Kategorien sein können. Wo immer Menschen dauerhaft zusammeleben müssen, sind sie es nicht. Anders gesagt: Wer gegen den Widerstand von Leuten, mit denen er eine gemeinsame Geschichte durchlaufen muss, etwas durchsetzt, was die als Niederlage erleben, wird dafür einen teuren Preis bezahlen.


Das ist immer wieder schön an kriegerischen Auseinandersetzungen zu studieren. Wer seinen Gegner nicht vernichten kann (und das ist bei Völkern, Stämmen, Familien, Ethnien, Religionen etc. der Fall), ist darauf angewiesen, dass der vermeintliche "Verlierer" seine Niederlage akzeptiert und die weiße Fahne zieht. Wenn das nicht der Fall ist, gibt es nur Kampfpausen. Der Verlierer bestimmt den Sieger.


So wird Russland einen hohen wirtschaftlichen und politischen Preis für die Annexion der Krim zahlen. Um das voraus zu sagen, braucht man kein Prophet zu sein... Der Kampf um die Krim ist so, als ob man um die Unterhaltspflicht von unmündigen und arbeitsunfähigen Verwandten und die Herrschaft über ihren verwilderten, nicht sonderlich fruchtbaren Garten kämpfen würde. Man hat Versorgungs- und Schutzverpflichtungen, ohne sonderlich viel (ökonomisch) dabei gewinnen zu können.


Kurzfristig mag dieser "Sieg" innenpolitisch für Putin von Nutzen sein. Langfristig dürfte er den Widerstand gegen ihn stärken. Man braucht immer die Zustimmung der Unterworfenen, wenn man seine Macht aufrecht erhalten will...