Die vorhersehbare Spaltung der Gesellschaft

"Der Staat als Akteur hat mehrere Aufgaben und Möglichkeiten, sich um das ökonomische Wohlergehen seiner Bürger bzw. der Volkswirtschaft zu kümmern. Dabei hat er eine doppelte Funktion und Identität: als Regelgeber und als Mitspieler. Seine erste Aufgabe ist es, als Grundlage jeden Wirtschaftens für Rechtssicherheit und die Garantie des Eigentums zu sorgen. Er muss dazu einen gesetzlichen Rahmen schaffen, der einen hinreichend großen Freiraum für individuelle (unternehmerische) Aktivitäten und Initiativen garantiert, zum anderen aber die unreglementierte Entwicklung eines Wild-West-Kapitalismus verhindert (Stichwort: „Marktfundamentalismus“). Da Interventionen, die einem positiv definierten Ziel dienen, in der Regel nicht-beabsichtigte Nebenwirkungen zeigen, empfiehlt es sich, gesetzliche Regelungen an negativ definierten Zielen zu orientieren („Was soll vermieden werden?“). Als derjenige, der die Währungshoheit hat (Zentralbank), kann er in das System intervenieren, indem er die Menge des zirkulierenden Geldes verändert und Zinsen erhöht/erniedrigt. Er kann aber auch als Gesetzgeber Steuern erhöhen oder erniedrigen, um selbst in die Lage versetzt zu werden, in Infrastrukturen zu investieren (z.B. antizyklisch), oder die allgemeine Kaufkraft zu steigern oder zu senken. Als Akteur (= Mitspieler) des Wirtschaftssystems kann er entweder als konsumierender Haushalt oder investierend als Eigentümer von Unternehmen tätig werden, falls dies mit seinen Zielen (bzw. der Volkswirtschaft) als ökonomischer Überlebenseinheit kompatibel ist oder geboten erscheint.


Wenn die Wirtschaft anderen Funktionssystemen (z.B. der Politik) hierarchisch übergeordnet wird, verändert sich die Gesellschaft in einer Weise, die den Mechanismen der Wirtschaft (= Märkten) jenseits aller inhaltliche Wertfragen die Steuerungsfunktion überlässt. Es ist ein Mechanismus, der zwangsläufig zur Spaltung der Gesellschaft in Reiche und Arme, Herrschende und Unterworfene führt (und deren politische Folgen weder vorhersehbar sind, noch attraktiv erscheinen )."


Aus "Einführung in die systemische Wirtschaftstheorie"[2009] (aber auf mich hört ja schon seit Jahren kein Schwein)...