REVUE Nr 13, Transformation. Feedback zu Gilgamesh und Christeene 3

REVUE, Magazine for the next society. Transformation. Nr 13. Sommer 2013


REVUE Editorial:


„... Die REVUE ist ein Resonanzraum für all diese Stimmen, in dem immer wieder die Frage nachhallt: ist eine Next Society eher als Wiedereinführung verlorener Möglichkeiten zu verstehen – und weniger als deren Ablösung? Wir wären auch auf Ihre Antworten gespannt...“


Feedback


Ich beziehe mich hier auf diese „Wiedereinführung“ - zeichne einen in REVUE gespannten Bogen nach, um diesen - ihn inhaltlich ergänzend – mit einem Plädoyer zu beschließen, und damit sich verlierende, beinahe schon verlorene Möglichkeiten in Erinnerung zu rufen.


Der skizzierte Bogen


GILGAMESH, übersetzt von William Muss Arnolt 1901.


CHRISTEENE, skype-geviewt von Ludwig Plath (*Zitate)


II. Exkurs. Logische Überlegungen 1


Die schriftlose, also die einzig und allein über zahlreich überlieferte Bildwerke zu erahnende „symbolische Ordnung der Göttin“, können wir nur zu einem Puzzle mit vielen Leerstellen zusammenfügen. Doch wie die „Göttin“ mit ihren „Helden“ im „Alltag“ verfährt, was im Epos des Gilgamesh, auf Tafel 6, so wirklichkeitsnah und ewig gültig geschildert ist, als geschähe es jetzt, dürfte vom Mann des Neolithikum, und noch der frühen Bronzezeit, als chronischer Missbrauch weiblicher Macht erfahren werden. Was nicht schwer zu verstehen ist.


Diese Transformation - dieser Umbau – benötigt Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende. Der grandiose Abschluss der kulturellen Machtergreifung besteht in der langwierigen, schwierigen Etablierung des Monotheismus. Ihr brillanter Höhepunkt ist die Ausarbeitung des strengen Systems der Aristotelischen Logik, zur Zähmung der Paradoxie und zur Beherrschung der Wahrheit Doch „vielleicht ist die Wahrheit ein Weib, das Gründe hat, seine Gründe nicht sehen zu lassen?“ (Nietzsche). Denn das oberstes Gesetz der Axiomen-Logik, ist und bleibt, wie Hegel in Logik I und II paradigmatisch aufzeigt, die Paradoxie, beziehungsweise die Antinomie.


Man könnte sagen, dass es sich bei der Paradoxie um den entropischen Aspekt der Logik handelt. (Doppelte) Kontingenz bedeutet, etwas ist so oder auch anders möglich. Dass es sich dabei auf der einen Seite zugleich um den abgesunkenen Bodensatz des Heiligen, um das Ungreifbare des Sakralen, und um göttliche Unbestimmbarkeit handelt, ist nahe liegend. Und – ja - auf der anderen Seite gründet die notwendige weibliche Unbestimmtheit im Imaginären. Das „Weibliche“ ist das „unwritten cross“ - es ist die Injunktion selbst - der kreuzende Operator. Anders gesagt: es ist die Anweisung: „Triff eine Unterscheidung“ - und – diese Anweisung ist schon die erste Unterscheidung. Oder sagen wir das „göttliche Gesetz“ - wie Hegel es nennt.


Bei Hegel wahrt das (empirische) Weib das unbestimmte „göttliche Gesetz.“ Es steht im Gegensatz zur bestimmten „sittlichen Welt“, wo der Mann die Deutungshoheit und die Beschreibungsmacht inne hat. Die empirische Frau wiederum fungiert in der „sittlichen Welt“ als deren Negation. So wird sie bei Hegel als die „ewige Ironie des Gemeinwesens“ bezeichnet, und ihre intrigante Rolle, ihre subtile zerstörerische Energie von Hegel eindrücklich beschrieben. Aber mit dem Begriff der Negation der Negation, beziehungsweise der doppelten Negation, hebt Hegel, im übertragenen Sinn, zugleich das autonome cartesische Erkenntnis-Subjekt auf. Hegel setzt ZWEI Subjekte, die einander doppelsinnig negieren. Sie haben im Unterschied eines gemeinsam: die „Allgemeinheit des Denkens.“


Hegels Phänomenologie des Geistes folgert zwei dialektische Selbstbewußtseine(e) – quasi als Bedingung strukturierten Bewusstseins, als Bedingung der Möglichkeit des Denkens und des Erkennens, - beziehungsweise des Unterscheidens. Bei ihm sind das paradigmatisch konkret: Herr und Knecht (Ego & Alter), - sowie Mann &Weib. Doppelte Negation, bedeutet hier zugleich gegenseitige Negation - damit notwendige Verdinglichung, somit nichts anderes als gegenseitiges Anerkanntsein. Dieses impliziert das Gesetz des Zusammenwirkens des Unterschiedenen. Im Kalkül Spencer Browns: Kanon Null. Koproduktion.


Hegel führt, zur Lösung des Problems antinomischer Gegensätze und deren verwirrender Schlüpfrigkeit, als dritten Wert die Zeit ein – das Werden. Das Übergehen innerhalb eines Begriffspaares - vom einen zum anderen. Die Asymmetrie des Bestimmens und dessen Reflexion. Dialektik des Scheidens und Werdens qua Reflexion. Die Paradoxie, beziehungsweise Antinomie des je rekursiv operierenden Operanden bewerkstelligen so (geschlossen und offen zugleich) Autopoiesis qua Unterscheidung. Anders ausgedrückt bedeutet dies Selbstreferenz qua Fremdreferenz. Dasselbe tut, zeigt und „beweist“ Spencer Browns Algebra der Gesetze der Form in der Mathematik. Er implementiert in seinem Kalkül als rekursiven Schaltwert i (√-1). Durch die komplexe Umschaltqualität der imaginären Zahl i wird der Operator zum Operanden. Die Asymmetrie der Operation, (- nur eine Seite ist markiert - , beziehungsweise geschieht das tunnelnde Kreuzen - eben mit nur einem Operator, der (sic) potentiell Operand ist) – ist das Wesentliche! Das Erstaunliche für alle Agnostiker, die sich das genauer ansehen: der Kalkül zeigt, dass Unterscheidung, Markierung und Beobachter identisch dasselbe ist.


Kants seinerzeit gescheiterte Antinomienlehre beruht auf der logischen Unmöglichkeit, die Schleifenbildung zu stoppen. Wenn zum Beispiel ein Kreter sagt, dass alle Kreter lügen ((oder wenn eine Kreterin sagt, dass alle Kreterinnen lügen)), werden wir in einen antinomischen Zirkel, in eine das logische Denken irritierende Seltsame Schleife hinein gezogen. Ist was er sagt richtig? Lügt er? Sagt er die Wahrheit? Nein, schlimmer noch, wenn er lügt, dann sagt er die Wahrheit und wenn er die Wahrheit sagt, dann lügt er.


Aber sieht es nicht ganz anders aus, wenn - notwendigerweise – die oben dargestellte Selbstreferenz (Ein Kreter sagt, dass alle Kreter lügen) sich der Fremdreferenz (Mann/Frau) bedient, um sich zeitlich und dialektisch - als strukturelles Bewusstsein - überhaupt entfalten zu können?


Was aber ist, wenn zum Beispiel ein Kreter sagt, alle Kreterinnen lügen?

Dabei gibt es nämlich keinerlei logische Probleme. Es kann eine reine Frage der Verleumdung oder aber auch eine Frage der Erfahrung sein. Beidem wiederum kann (un)glaubhaft widersprochen werden. Die Beziehung und Geschichte von Kreter & Kreterin wird dialektisch.


Doch das weiterhin unlösbar bleibende Problem: Kreterinnen sind in der uns allen allein geläufigen klassischen Logik ausgeschlossen, - beziehungsweise in ihr als „Kreter“ subsummiert. Egal ob mit oder ohne Gendering in Gestalt eines (nun umgekehrt subsummierenden ) so genannten Binnen-i.

((Außer wir verständigen uns und reden Tacheles und verstehen dieses Binnen-i tatsächlich als den universellen Umschaltwert i innerhalb der Zwei-Seiten-Form der Geschlechter-Differenz und deren konditionierter Koproduktion. Betonen damit also nicht, wie gegenwärtig transportiert, deren ideologisch konditionierte Entzweiung.))


Frauen kommen gegenwärtig, wenn, dann nur als die besseren Männer in Frage und können sich nur als solche profilieren.


Das wäre weiter nicht schlimm, sondern eine Herausforderung, die frau annehmen könnte, - oder auch nicht. Auf Grund einer von männlichem Denken und männlicher Logik dominierten Wissenschaft, scheint ein reeller männlich-weiblicher Binnen-Diskurs, logisch ausgeschlossen. Das bewusste Entfalten einer männlich-weiblichen Binnen-Wissenschaft (also innerhalb der physischen, psychischen und kulturellen Differenz, und nicht unter dem Zwang verordneter Neutralität), scheitert daran, dass Wissenschaft, da haben wir es, angeblich neutral ist. Aus diversen teils bereits angesprochenen Gründen ist Wissenschaft dies nicht.


Daher ist ein solcher Diskurs ein Wunsch, der schon fast romantisch peinlich wirkt, weil er im so genannten Gendermainstreaming verpönt und verdrängt ist. Dort geht es um die wissenschaftliche, politische und mediale Verordnung des praktischen Gesellschafts-Zieles der Aufhebung jeglicher Unterschiede, deren unästhetischen Vermischung und der Neutralisierung und nicht um den prokreativen Diskurs der Anerkennung der Unterscheidung.


Ein Diskurs der gegenseitigen Anerkennung, bedeutet eine doppelsinnig sich etablierende, unser Denken erweiternde Kreativität. Warum? Weil es dann gilt emphatisch produktiv mit KONFLIKTEN umzugehen. Durch die soziale Kälte des Gegeneinander im ideologisch propagierten Geschlechterkampf, liegen die prokreativen Möglichkeiten des Miteinander unbedacht auf Eis. Die auf diesem Weg des kalten Krieges erworbenen Macht und Rachegelüste leben empirische Frauen heute zunächst darin aus, aus Männern, wenn sie diese denn zu fassen kriegen, die besseren Frauen zu machen. In der Trance des vorauseilenden Gehorsams, werden Letztere immer mehr. Immer seltener haut einer von diesen, wenn nötig, auf den Tisch, um es mal plakativ auszudrücken. (Teil 2 folgt)