Yves Saint-Laurent

Wieder mal ein Film, über den es sich m.E. zu berichten lohnt. YSL war einer der einflussreichsten Modeschöpfer der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In diesem Film werden er, seine Familie und die Beziehung zu seinem Lebensgefährten skizziert (mehr kann solch ein Film ja nicht tun).


Das Bild des Menschen, das dabei entsteht, zeigt einen schüchternen, senstiven, hoch kreativen Künstler, der allein und ohne die ordnende Hand seines Lebensgefährten wohl kaum so erfolgreich geworden, ja, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit sogar in einer Anstalt gelandet wäre. Dass er vorübergehend (wie viele kreative Menschen) in der Psychiatrie behandelt wurde, sei nur als Indiz dafür angemerkt...


Kreativität besteht darin, "lose" zu denken, d.h. Assoziationen zu knüpfen, die nicht der "normalen" Erwartung entsprechen. Wer frei assoziiert, ist aber erst mal für seine Mitmenschen nicht verstehbar. Und das heißt, er oder seine Produktionen (seien es nun Kleiderentwürfe oder Wahnsysteme) erscheinen als "verrückt". Wenn solche Produktionen dann noch mit der Phantasie "verantwortlicher Personen oder Dienststellen" der Selbst- oder Fremdgefährdung des "Patienten" verbunden sind (z.B. exzessivem Drogenkonsum), dann schreiten meist die öffentlichen Ordnungskräfte ein.


Das ist die Tragik vieler kreativer Menschen. Denn ihre Kreativität wird erst gesellschaftsfähig, wenn es gelingt "loses Denken" und "strenges Denken" (Bateson) zu kombinieren. Nur wenige Leute realisieren diese beiden widersprüchlichen Denkformen in ihrer Person. Wer nur die Ordnungsseite lebt, endet dann als psychosomatisch Kranker bzw. als Mitarbeiter beim Ordnungsamt ("Normopathen") oder aber als frei assoziierender Psychotiker in der Anstalt.


YSL hatte das Glück, dass sein Lebensgefährte die andere (ordentliche, "realistische", geschäftstüchtige) Seite der Ambivalenz übernahm. Eine perfekte Kollusion, die zum Erfolg von YSL führte. Aber der war eben keine Einzelleistung, sondern das Resultat einer gelungenen "Arbeitsteilung", eines Teamworks, bei dem die unterschiedlichen Kompetenzen (bzw. Inkompetenzen) sich so ergänzten, dass sie für einander kompensatorisch wirkten und ein Unternehmen zustande brachten, das keiner von beiden hätte allein auf die Beine stellen können...


Ein sehr empfehlenswerter Film (auch wenn er von der offiziellen Filmkritik eher verrissen wird - was sich aber nach meiner Erfahrung oft als ein Qualitätsmerkmal erweist).