Zivilisation

Die Meinungsfreiheit ist eines der höchsten Güter in Demokratien, und dazu gehört auch das Recht, sich schlecht, taktlos oder geschmacklos zu benehmen.


Daher ist es erschreckend, brennende Botschaften zu sehen, hoch emotionalisierte Massen, die zur Gewalt bereit sind, weil in einer Zeitung Karikaturen publiziert worden sind, die als beleidigend erlebt werden. Konflikte mit Gewalt lösen zu wollen, ist – wenn man der Definition von Norbert Elias folgt – ein Zeichen dafür, dass der „Prozess der Zivilisation“ entweder noch nicht stattgefunden hat oder zurückgedreht wird.


Wir erleben im Moment daher wahrscheinlich nicht den Clash of Civilisations, sondern einen Konflikt um die Zivilisation. Denn ihr bestimmendes Merkmal ist, dass Konflikte aus der Zweierbeziehung der Konfliktparteien gelöst werden, in welcher der Stärkere sich mittels Gewalt durchsetzt, und ein Dritter bzw. ein übergeordnetes Prinzip – das Recht – etabliert wird: formalisierte Verfahren der Konfliktlösung statt Krieg.


Dass die Amerikaner mit ihrem Einmarsch in den Irak einen gewaltigen Schritt weg von der Zivilisation gemacht haben, muss in diesem Zusammenhang wohl nicht extra betont werden.


Wer sich als Individuum in einem zivilisierten Land beleidigt fühlt, kann seinen Beleidiger vor Gericht zerren, er darf ihm aber nicht das Haus anzünden. Das Problem ist, dass solche Verfahrensweisen bzw. ihre Durchsetzung immer an ein Gewaltmonopol gebunden sind. So etwas haben wir halt international oder interkulturell nicht.


Spannende Zeiten.


In Teheran sind die Scheiben der Österreichische Botschaft mit Steinen eingeworfen worden und gleichzeitig ist eine deutsche Fahne verbrannt worden. Ob die Österreicher nun beleidigt sind, dass nicht ihre Fahne verbrannt worden ist?