Der erste ist nicht der zweite Eindruck

China und Japan streiten sich um eine Inselgruppe im Ostchinesischen Meer. Beide Nationen rasseln mit den Kriegssäbeln. Und doch: Japan will das Fenster zum Dialog nicht schließen, China keinen, wie die FAZ es nennt, „zufälligen“ Krieg.


Vor 2 Wochen hatte daher der japanische Ministerpräsident Abe dem neuen starken Mann Chinas, Xi Jinping, durch seinen Gesandten Yamaguchi einen Deeskalationsbrief überbringen lassen.


Jüngst ist es aber zu einem ernsten Zwischenfall auf hoher See gekommen. Die Kriegsgefahr wächst.


Der erste Eindruck, nämlich die martialische Berichterstattung auf beiden Seiten, läßt Schlimmes befürchten. Aber wie ist es um den zweiten Eindruck bestellt, nämlich die Bildberichterstattung? Welche nonverbale Botschaft läßt sich, so habe ich mich gefragt, in den offiziellen Bildern vermuten?



Ich möchte mich auf zwei exemplarisch wichtige, offizielle Fotos beziehen. Sie zeigen Yamaguchi und Xi Jinping kurz nach der Überbringung des Deeskalationsbriefs. Das erste Foto ist das offizielle Regierungsfoto.


Beide Politiker schauen sich nicht an, sind nicht in einem dialogischen, wenn auch nur politisch ritualisierten, Kontakt. Yamaguchi, wach, zurückhaltend bemüht,scheint den Kontakt zu Xi Jinping zu suchen. Dieser aber scheint, eher uninteressiert, auf einen imaginären Punkt vor sich hin zu schauen waehrend er ins Mikro spricht.Es ist klar, wer hier, in diesem Kontext, zu Hause ist und es sein Gegenüber spüren läßt. Diese aus dem Zusammenhang rausgeschnittene Beziehungkonstellation als offizielle politische Botschaft der Regierung, unterstreicht, daß ohne Zweifel der Chinese den Ton angibt.


http://politics.people.com.cn/n/2013/0126/c1024-20331878.html



Beide Politiker sind auf einander bezogen. Yamaguchi scheint offensichtlich im „Lead“, Xi Jinping eher „mitgenommen auf die politische Reise". Yamaguchis Hand an Xi`s Rücken kann als Zeichen gesehen werden, "ich führe Dich". Yamaguchi ist offensichtlich erfreut über den guten Verlauf der Dinge. Xi Jinping wirkt eher "eingefangen".


http://domestic.kankanews.com/focus/2013-01-25/2280494.shtm


Schaltet man den politisch-verbalen Ton ab, gibt es zwei deutlich unterschiedliche Bildbotschaften. Neben der Individualbedeutung jedes einzelnen Bildes rückt die Gleichzeitigkeit so gegensätzlich wirkender Bilder ins Zentrum des Interesses. Eine Gleichzeitigkeit, die man in China lange nicht gewohnt war. Eine Gleichzeitigkeit, die die bisher geübte mediale Gleichschaltung politischer Botschaften in die Geschichtsbücher verbannen könnte.