"Das kann es doch nicht sein!"

Vor drei Tagen erzählte mir ein Kunde von seinem jährlichen Gesundheitscheck. Wie erwartet keinerlei Befund. Also alles im grünen Bereich und kein Anlass zur Sorge. Wenn er nicht ganz beiläufig auch einen Stress-Test erwähnte, den er absolvierte hatte.

Er wurde durch bestimmte Zahlenspiele und Rechenaufgaben gezielt unter Stress gesetzt. Gleichzeitig von den Diagnostikern beobachtet und per Biofeedback untersucht. Zum großen Erstaunen aller löste er die Aufgaben. Niemand vor ihm hatte dies geschafft. Noch war dies überhaupt für möglich gehalten. Er hatte dabei ausgeglichen gewirkt. Kein Stress hieß es einstimmig. Er selbst hatte auch keinerlei Stressempfinden.

Man muss dazu sagen, er ist als promovierter Mathematiker mit der Materie bestens vertraut gewesen. Zudem sind Kopfrechenaufgaben sein Hobby und seine persönliche Freude. Hinzu kommt noch, dass er als Analytiker und Stratege und Bereichsleiter in einem DAX-Konzern unterwegs ist. Der Umgang mit Zahlen sein täglich Brot.

Zum großen Erstaunen aller zeigte er alle vegetativ feststellbaren Stresssymptome: erhöhter Hautwiderstand, hoher Puls, intensivere Atmung, erhöhten Adrenalinspiegel usw.

Man riet ihm, doch auch gelegentlich auf sich aufzupassen. Ansonsten sei er kerngesund.

Aber wie soll er das tun? Gehört es doch gerade zu seinem Aufmerksamkeitsrepertoir, körperliche Phänomene überhaupt nicht wahrzunehmen, nicht wahrnehmen zu können. Gehört doch zu seinem Verhaltensmuster, als Analytiker seinen Denkapparat zu nutzen und auf die Botschaft sonstiger Wahrnehmungsorgane zu verzichten. Und ist doch gerade dies eine seiner hervorragenden Stärken, ein Talent, das er gerade bei einem solchen Job erfolgreich für alle Beteiligte zur Anwendung bringt.

Recht hilflos wirkte dieser Manager, als er mit leicht zurückgenommener Stimme sagte: "heißt das nun, dass mich irgendwann der Schlag trifft. Ich zuvor nichts merke. Das kann es doch wohl nicht sein".

Ich weiß nicht, wie es den Kollegen geht, aber diese Manager-Geschichte ist nicht gerade selten (oftmals nur unter vier Augen) erzählt.