Putin - ohne ein Wort

Letzten Montag gab es in der Sendung "Hart aber fair" einen heftigen Disput über PPP (Putin, Politik, Person). Bei all der Rede, Gegenrede und dem Gerede über Putin hatte ich auch stets die Art und Weise wie Putin geht, wie er sitzt und wie er jemanden anschaut vor Augen. Bekannter Weise gibt es ja so etwas wie verbale und nonverbale Kommunikation.


Putin wirkt augenfällig durch deutlich ambivalenten Körperausdruck. Beim Gehen bewegt sich beinah immer sein linker Arm sehr heftig so als würde gleich wegfliegen wollen. Während der rechte Arm stark kontrolliert, eng am Körper anliegt. So als könnte Putin sich nur mühevoll zusammenreißen. Sitzt Putin, kann er zugleich im oberen Körperbereich ruhig, fast schon gelassen, lässig wirken (Obama hat ihn mal mit einem sich hinfläzenden Lümmel verglichen) während mit übergeschlagenen Beinen einer seiner Füße aufdringlich, sehr heftig und ununterbrochen hin und her wackelt.


Putin kann nicht stille halten, auch wenn er sich noch so sehr bemüht.


Mal blickt er mit steinerner Miene in die Leere des Raumes um dann urplötzlich sein Gegenüber mit einem packenden Blick an sich zu binden. Um sich dann wieder in der eigenen Welt, zu der andere offensichtlich nicht so leicht Zugang finden, zu "verlieren" (würde manch ein Außenstehender sagen). Und was treibt er da? Und wird er selbst dort getrieben?


Putin, so könnte man eins seiner kennzeichnenden Verhaltensmuster beschreiben, ist überstark (selbst-)kontrolliert einerseits und voller überschießender, nicht zu bändigender Energie andererseits. Er ist beides zugleich. Sozusagen die Ambivalenz in personam.


Nimmt man allein nur dieses offensichtliche Verhaltensmuster von Putin, wird es spannend und aufschlussreich die Aussagen der von Plassberg eingeladenen Experten neu zu überdenken. Haben diese sich doch oft genug darin verloren, sich durch jeweils unterschiedliche Ansichten zu positionieren, die jeweils andere Position abzuwerten und der Untauglichkeit zu bezichtigen. Klang das nicht fast so wie die Suche nach dem Ei der Wahrheit? Frei nach dem Motto: je lauter,  je energischer, desto wahrhaftiger?


Auf jeden Fall wird ein solcher Behauptungswettstreit dem Verhaltensmuster Putins nicht genügend Rechnung tragen. Geht es doch nicht um "entweder - oder" wie manche der Experten zu behaupten versuchten, sondern gerade um die enorme (auch emotionale) Spannung, die in Putins Ambivalenz-Muster steckt. Diesem Muster zu begegnen, sich dieser unbändig zu sein scheinenden emotionalen Ambivalenz zu stellen, ist auch Aufgabe der Politik, um Putin auch als Person besser zu verstehen, um auch anders auf Putin und seine politische Aussage, sein politisches Handeln zuzugehen.


Putins Politik ist Ausdruck russischer Politik. Putins Politik ist aber auch Ausdruck seiner Person. Putins persönlicher Politikstil ist Ausdruck seines Verhaltensmusters. Dieses mit zu berücksichtigen könnte helfen, neu und anders zu verstehen und zu handeln.


Putin könnte sich dann als Vertreter Russlands gesehen fühlen. Putin könnte sich zugleich auch als Person ernst genommen fühlen. (Hiermit ist auf keinen eine Schön-Wetter-Politik i.S.v. "Wir haben uns alle lieb" gemeint)


Tut Politik das nicht, so könnte man meinen, wäre sie Putins Verhaltensmuster auf den Leim gegangen. Ohne es zu merken. Putin hätte zunächst gewonnen, aber die Krise würde sich noch mehr zuspitzen.