Zschäpe-Prozess: wann ist ein Gutachten ein relevantes Gutachten?

Gegen Ende der Woche kommt es im Münchner Gericht zu einem Treffen des Zschäpe-Gutachters Saß mit dem als Zeugen geladenen Joachim Bauer aus Freiburg. Ersterer, gerichtlich bestellt, hat Frau Zschäpe während des gesamten Prozesses vor Ort beobachten können, obwohl sie ein Gespräch mit ihm verweigert hatte. Bauer hingegen war nicht anwesend, hatte hingegen mit ihr sprechen können. Auf eigenen Wunsch Zschäpes.


Bauer ist nicht als Gutachter vom Gericht angefragt worden, also  nur Parteigutachter. Geladen ist er in dieser Woche nur als Zeuge. Hat er doch noch nie ein forensisches Gutachten geschrieben.


Mir stellt sich dabei die Frage, unter welchen Bedingungen ein Gutachten ein relevantes Gutachten ist. Braucht man dafür ein persönliches gutachterliches Gespräch mit dem Gegenüber oder reicht die kontinuierliche Beobachtung vor Ort? Was für einen Einfluss hat die gerichtliche Bestellung dabei? Ist das ne reine Formsache? Ist ein Ferngutachten ein relevantes Gutachten?


Kann ein Gutachter eigentlich objektiv sein? Vor allem in diesem Fall? Ich wurde vor über einem Jahr vom ZDF gebeten eine Stellungnahme abzugeben, die einerseits auf den privaten Zschäpe-Briefen und dem reichhaltigen mir zur Verfügung gestellten Bild- und Textmaterial basierte. Darunter befanden sich auch ausführliche relevante Gerichtsunterlagen.


Ich habe also weder sie gesehen noch mit ihr gesprochen. Und doch werden meine Ausführungen, so Stimmen aus dem Münchner Gericht, als Auslöser dafür gesehen, dass Zschäpe einige Tage nach Ausstrahlung der Sendung erstmalig anfing zu reden.


Ich werde an dieser Stelle auf das Thema zurückkommen, sobald beide Experten vor Gericht erschienen sind und ihre Stellungnahmen ausführlich behandelt wurden. Auf jeden Fall, und das möchte ich an dieser Stelle vorausschicken, bin ich neugierig zu sehen, wie Joachim Bauer seine These von der dependenten Persönlichkeitsstörung begründen wird.