autobahnuniversität / Leon Wurmser - Trauma, doppelte Wirklichkeit und "Teufelskreis"

Leon Wurmser gehört zu den großen Persönlichkeiten der Psychoanalyse im 20. und frühen 21. Jahrhundert. Geboren wurde er in der Schweiz, er ist dann in die USA emigriert, war dort lange Jahre klinischer Psychiater und weltweit tätiger Lehranalytiker. Seine Beiträge zu den Phänomenen der Scham und des Narzissmus – um nur zwei der vielen Themen zu benennen, die er akribisch untersuchte und mit neuen Augen betrachtete – haben große Aufmerksamkeit gewonnen und gehören den Werken, auf die seither immer verwiesen wird. Leon Wurmser starb Mitte Februar im Alter von 89 Jahren. Er wird als Mensch, Wissenschaftler und Praktiker ungeheuer fehlen.


Wurmsers Vorlesungen waren geprägt von seinem weiten Überblick über die Konzept-Geschichte des psychoanalytischen Jahrhunderts, über die Weltliteratur und die gesamte mythologische Symbolik, sowie von der spannenden und bezogenen Art und Weise des Vortragenden, seine Themen den Zuhörerinnen und Zuhörern zu präsentieren.


Die autobahnuniversität präsentiert eine vierteilige Vorlesung aus dem Jahre 1995. In deren Zentrum steht das Thema Traumatisierung und die Frage nach den damit verbundenen Herausforderungen an Psychoanalyse und Psychotherapie in Zeiten von Konkurrenz und Ausschluss. Insbesondere in den USA, wo Wurmser lehrte, forschte und praktizierte, war dies evident.


Die Vorlesung wurde damals im Programm der Lindauer Psychotherapie-Wochen folgendermaßen beschrieben: „Bei vielen Patienten mit schweren Neurosen treffen wir ein gespaltenes Selbst und ein zerrissenes Erleben der Welt an. Wo im Inneren gegensätzliche Über-Ich-Figuren miteinander im Konflikt stehen, bedarf es der Verleugnung als wesentlicher Abwehr. Die Blockierung gewisser Wahrnehmungsbereiche führt zu einer Gespaltenheit der inneren und äußeren Wirklichkeit. Gewisse Szenarios komplexer Natur wiederholen sich in ziemlich typischer Weise bei verschiedenen Krankheitsbildern. Diese Szenarios stellen sich als richtige "Teufelskreise", circuli vitiosi dar. Dabei handelt es sich um zirkuläre Sequenzen, die typisch sind für die Gegenwart wie für Genese.“


An Aktualität haben diese Gedanken auch nach 25 Jahren nichts verloren. Hören Sie selbst. Gern auch im Auto. Denn: Jeder Stau bringt Sie weiter … Carl-Auer autobahnuniversität.



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