Wut und Schuldgefühle – Wenn Erwachsene unter ihren Eltern leiden

Der Vorsitzende der DGSF, Björn Enno Hermans, hat sich mit der Berliner Zeitung über ein heikles Thema unterhalten: Unter der Überschrift „Zwischen Wut und Schuldgefühlen“ sprach er über Erwachsene, die ihr Leben lang unter der Beziehung zu ihren Eltern leiden. „Solche Konflikte zwischen erwachsenen Kindern und ihren Eltern sind recht häufig“, sagte Hermans. „Wer in seiner Kindheit von seinen Eltern wenig Bestätigung erfahren hat, wird als Erwachsener öfter mit einem geringen Selbstbewusstsein und großer Unsicherheit zu kämpfen haben.“

Abgrenzungsprobleme und das Verharren in wechselseitigen Vorwürfen und Schuldzuweisungen sind typische Muster für belastende Beziehungen zwischen Familienangehörigen. Wer das Problem grundlegend angehen wolle, müsse eventuell auch als Erwachsener eine Familienberatung in Betracht ziehen, sagt Hermans. Doch werden die Eltern, die den Weg ihrer Kinder nicht akzeptieren, hierzu überhaupt bereit sein? Hermans kennt Beispiele, bei denen es funktioniert hat, aber das ist nicht immer der Fall. 

Die systemische Therapie und Beratung kennt Methoden der Konfliktklärung, die die Anwesenheit der Familienmitglieder nicht zwingend voraussetzt. So werden zum Beispiel in die Familienaufstellung Personen stellvertretend für Mitglieder des Familiensystems eines Klienten angeordnet (gestellt), um aus einer dazu in Beziehung gesetzten Wahrnehmungsposition gewisse Muster innerhalb jenes Systems erlebbar zu machen.

Carl-Auer-Literaturtipps: 
Jakob Robert Schneider: „Herkunft, Schicksal und Freiheit– Das Gruppenunbewusste in Familiensystemen und Familienaufstellungen“
Ilke Crone: „Das vorige Jetzt – Familienrekonstruktion in der Praxis“
Monica McGoldrick: „Wieder heimkommen – Auf Spurensuche in Familiengeschichten. Genogrammarbeit und Mehrgenerationen-Perspektive in der Familientherapie“