"Die Frauen gehen aufs Ganze"

Die NZZ bringt am Wochenende (9. August) eine sehr gute Doppelrezension zweier ganz unterschiedlicher Bücher zum Ehebruch:


Die Anthropologin Mirian Goldenberg beschreibt anhand von 1300 Befragten den beliebten Seitensprung in Brasilien und identifiziert dort geschlechtstypische Motive. Bei Männern nichts Neues: die Lust auf Abwechslung und sich bietende Gelegenheiten seien die Hauptmotive. Bei Frauen kommt einmal ein neuer Blick daher: Nicht etwa weil sie sich verlieben, wie x empirische Studien repetieren, sondern weil sie sich als Opfer ihrer Ehemänner sehen, die sie nicht mehr begehren. Sie testen aus, ob ihr Körper noch begehrt wird. Also das Begehrtwerden, nicht das Geliebtwerden scheint die treibende Kraft zu sein. Da könnte man in Europa auch mal nachsehen....


Auf ganz anderem Terrain analysiert Wolfgang Matz die drei Weltliteratur-Klassiker, zu denen alles gesagt zu sein scheint:  Emma Bovary, Anna Karenina und Effi Briest. Warum handeln alle drei von untreuen Frauen? „Für die Frauen ist Ehebruch ein Spiel ums Ganze, um Leben und Tod.“ Und das , so wird der Autor zitiert, fehle dem heutigen Roman, in dem Ehebruch so banal geworden sei. Er mag ja recht haben – als Leser. Da haben wir es gern dramatisch.  Als Teilnehmer/in auch? Es geht so. Es muss ja nicht sofort banal werden, wenn es nicht gleich um Leben und Tod geht. Zwischen Banalität und Lebensgefahr ist ziemlich viel Platz.