"Es gibt keine ironische Erektion"

Dieses Koan las ich kürzlich in einem Interview mit der britischen Autorin Laurie Penny. Was ist das? Eine Erektion, die nur so tut, als sei sie eine? Rhetorisch reizvoll, aber praktisch schwer vorstellbar (mir jedenfalls). Ist eine ironische Erektion das Gegenteil – aristotelisch gemeint – zur pathetischen, also ernstgemeinten Erektion?


Was aber ist eine ernstgemeinte Erektion? Wir hatten neulich in einem Seminar eine kurze Auseinandersetzung über die Aussage einer Teilnehmerin, die bei einer Fallbesprechung meinte: „Der Penis lügt nicht“. Eine interessante Entgegnung lautete: „Der weiß doch gar nicht, was er sagt.“ Ich sollte hinzufügen, dass es bei dem Fall um eine Erektionsstörung ging, also um die „Aussage“ eines ungewollt schlaffen Penis. Aber die Frage bleibt die gleiche: Hat der Penis eine eigene Meinung, wenn er „Erektion“ oder „keine Erektion“ sagt? Oder ist er dumm und tut einfach, was die genitale Durchblutung ihm anordnet?


Ich finde es (nicht nur in der Sexualtherapie) nützlich, so zu tun, als habe der Penis etwas zu sagen. Dabei scheint mir die „Keine-Erektion“-Aussage mehrdeutiger und damit therapeutisch interessanter zu sein, z.B. „da will ich nicht rein“ oder „jetzt nicht“ oder „so nicht“ oder „lass mich in Ruhe“.  Die „Erektion“-Aussage ist irgendwie eindeutiger, habe ich den Eindruck. Nicht ironisch.