"Ich gehöre dir" - Asymmetrie und Hingabe

„Fifty shades“ heißt die Trilogie der britischen Autorin E.L.James, dessen erster Teil am 9. Juli auf deutsch erscheint. Das englische Original hat unter Rezensenten eine große Aufregung  ausgelöst, weil das Werk einen Riesenerfolg hat, obwohl es einhellig als schlecht geschrieben bewertet wird.


Aber es scheint einen erotischen Nerv getroffen zu haben. Die Trilogie handelt von einer sadomasochistischen Beziehung einer Studentin mit einem Millionär, also einer Beziehung, die in mehrfacher Hinsicht politisch unkorrekt ist. Und  genau das scheint mir das Faszinierende zu sein: keine egalitäre, keine gewaltfreie Beziehung, keine auf gleicher Augenhöhe. Vielmehr Asymmetrie, die sexuell aufgeladen ist.


Ich glaube, daß hier etwas überschwellig wird, was längst nicht nur in der BDSM-Subkultur gelebt wird, sondern unter der Decke der  sexualdemokratischen Mehrheitskultur brodelt: daß die Dynamik sexuellen Begehrens keinen demokratischen Regeln folgt. Nachdem in den letzten Jahrzehnten Geschlechterfairness und Gleichwertigkeit zu einem stabilen Allgemeingut geworden sind, können jetzt asymmetrische Wünsche nach Hingabe, Unterwerfung, Dominanz bewußter bejaht werden, weil sie die gefestigten  beziehungsdemokratischen Werte nicht mehr bedrohen. Die Frau, die sich gern unterwirft und der Mann, der sie sexuell dominiert, - was beide konsensuell bejahen -, sind fraglos und selbstverständlich gleichberechtigte Bürger. Sexuelle und politische Sphäre sind verläßlich unterschieden.


Ich bin zurückhaltend damit, Trends zu diagnostizieren. Aber es ist hochinteressant, weiter zu beobachten, wie sich die Parallelität der weitverbreiteten sexuellen Lustlosigkeit freundlicher Paare einerseits und das Durchsickern von SM-Motiven in die Mehrheitskultur andererseits entwickeln wird.