Wissenschaftliche Freiheit

Es wird ja immer wieder diskutiert, ob Universitäten nicht wie Unternehmen geführt werden sollten. Und nicht wenige - wie ich finde: ziemlich inkompetente - Menschen sind dieser Meinung. Es sind dieselben Leute, die auch denken, dass Manager gute Politiker wären... Man findet sie meist unter den (weniger werdenden) Mitmenschen, die US-amerikanische Verhältnisse idealisieren und meinen, wir sollten uns in Deutschland und Europa an den ausgewanderten Verwandten auf der anderen Seite des Atlantik ein Beispiel nehmen.


Das Problem scheint mir, dass hier die unterschiedlichen Funktionen von wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Organisationen (bzw. der Funktionssysteme, denen sie zuzurechnen sind) übersehen wird. Wenn nur noch im Blick auf die Vermarktbarkeit von wissenschaftlicher Arbeit geforscht wird, dann führt dies zu einer unverantwortlichen Reduktion der wissenschaftlichen Kreativität und Neugier, die langfristig fatale gesellschaftliche Folgen haben dürfte (nicht nur, aber auch wirtschaflich gesehen). Ich bin daher ein leidenschaftlicher Anhänger der sogenannten Orchideenfächer an deutschen Universitäten. So wie die Biodiversität des Schutzes bedarf, brauchen wir auch einen Schutz wissenschaftlicher Disziplinen und ihrer Eigenarten - wie versponnen die auch immer erscheinen mögen.


Als Mitarbeiter eines Uni-Instituts, das von Beginn an von Unternehmen bezahlt wurde, kann ich micht nicht beschweren, es sei zu irgendeiner inhaltlichen Einmischung in meine Arbeit gekommen. Aber das ist offenbar nicht zu verallgemeinern. Es kommt ja immer wieder zu Skandalen, bei denen die Grenze zur Korruption überschritten wird. Ich bin ziemlich sicher, dass wir in Zukunft mehr darüber hören werden. Aus meiner Sicht ist dies in der Psychiatrie - bzw. der biologisch orientierten Psychiatrie - ja jetzt schon der Fall. Die wirtschafltichen Interessen der Drittmittel zur Verfügung stellenden Unternehmen bestimmen universitäre Forschungsgegenstände.


All dies wird in dem Maße zunehmen, in dem die Idee, Universitäten sollten wie Unternehmen geführt werden, sich verbreitet. Zu studieren ist dies - wen wundert es? - bereits heute sehr gut in den USA.


Zum jüngsten Beispiel siehe:


http://www.huffingtonpost.com/2012/06/24/uva-teresa-sullivan-ouster-_n_1619261.html