Weihnachten - etwas, auf das man sich freuen kann!

Eine alte Schulfreundin und ich hatten letztens einen digitalen Drink zusammen – sie in Brüssel, ich in Berlin. Wir sprachen lange über das Thema Einsamkeit. Sie ist Single, hat kaum Familie, und die paar Freunde, mit denen sie sich ab und zu trifft, bleiben auf 1,5 m Abstand. Sie versucht so gut wie möglich allen Richtlinien zu folgen, leidet aber sehr darunter. Sie fragte, was ich ihr als Psychologin raten würde, um optimistisch zu bleiben.


Was wir alle brauchen, gerade jetzt, ist vor allem Kontakt miteinander, auch physisch, und gleichzeitig etwas, auf das man sich freuen kann. Um Inspiration zu finden, wie das funktionieren könnte, während die Pandemie weiter rast, erinnere ich gerne an den Teil der Bevölkerung, die polyamourös lebt. Denn polyamourös lebende Menschen sind Kommunikationsmeister:innen, sprechen im Idealfall alles im Vorfeld miteinander ab. In manchen polyamourösen Gruppen, den sogenannten Polycules, sind sich alle Mitglieder:innen einig, dass sie miteinander Beziehungen haben dürfen. Allerdings sollen keine neuen Menschen miteinbezogen werden dürfen ohne vorhergehende Absprache. Genau das werde ich meiner Freundin jetzt für das kommende Weihnachtsfest vorschlagen – also die Idee, dass sie sich eine kleine Gruppe von Menschen sucht, mit denen sie die Kontakt-Regeln deutlich kommuniziert und gut abklärt. Und dann mit diesen Menschen Umarmungen, Wangenküsschen und Berührungen teilt. Vielleicht dient diese Idee auch als Inspiration für andere.


Damit wir nicht ganz alleine sind an Weihnachten, gleichzeitig uns und andere aber keinen unnötigen Risiken aussetzen, könnte man überlegen, jetzt schon mit Freund:innen oder Familie Rücksprache zu halten, was sie davon denken, die kommenden Wochen, und vor allem die letzten Wochen vor Weihnachten, so weitgehend wie möglich auf Kontakteinschränkungen zu bestehen allerseits. Dann kann man sich an Weihnachten treffen in einer geschlossenen Gruppe (die erlaubte Zahl natürlich nicht überschreitend). So kann man dann gemeinsam entspannen, sich umarmen und einander etwas Berührungen schenken. Es soll nicht als Aufforderung verstanden werden, die Regeln zu missachten! Aber wenn ich höre, wie viele Menschen seelisch zur Zeit leiden, finde ich es wichtig zu überlegen, was man machen kann, um gut über die Zeit zu kommen.


Meine Freundin hatte zum Beispiel noch mit keinem einzigen ihrer Freund:innen die Möglichkeit besprochen, corona-buddies zu werden, die sehr vorsichtig sind und Abstand von anderen halten, sich aber gegenseitig umarmen dürfen. Nachdem sie es mit einer Freundin vor Ort besprochen hatte, sind sie sich einig geworden, dass sie sich nun öfter treffen, und sich auch körperlich gegenseitige Nähe geben dürfen. Wie meine Freundin mir später schrieb, ist für sie alleine schon dieser eine Kontakt mit der Freundin eine echte Wohltat. Und so brauchen wir alles etwas, um die Zeit mental zu meistern, bis es die Impfung für alle gibt. Ich freue mich schon sehr auf mein nächstes Treffen mit dieser Freundin, das jetzt zu einem digitalen Abendessen erweitert wurde!