Was bleibt vom Lebenswerk Niklas Luhmann?

DIE LANDKARTE IST NICHT DAS LAND


Ohne geeignete Karte ist Orientierung in unübersichtlichem Gelände ausserordentlich schwierig. Das gilt auch für das Soziale.


Nicht erst seit dem Soziologie Kongress 2022 in Bielefeld ist klar: Die deutschsprachige Soziologie erinnert sich nicht nicht mehr an Niklas Luhmann: Sein gesammtes Lebenswerk wurde archiviert und erinnerungslos entsorgt. Die DGS - die Deutsche Gesellschaft für Soziologie - feiert hemmungslos und unirritiert #Körpersoziologie.


Niklas Luhmann prangerte dies in "Soziale Systeme" (#SoSy 1984) als "Organismus-Analogie" an. Seite 288. Um genau zu sein. 


Niklas Luhmann zählte vier "Erkenntnisblockierungen" auf. In "Die Gesellschaft der Gesellschaft" (#GdG 1997). Seite 24. Um genau zu sein.


Niklas Luhmann räumte mit dieser "alteuropäischen Denke" auf. Radikal. Über tausende von Suhrkamp-Seiten hinweg. Er beschrieb als über 70-jähriger sein Lebenswerk als
- radikal antihumanistisch,
- radikal antiregionalistisch,
- radikal konstruktivistisch. 
In #GdG Seite 35. Um genau zu sein.


Was danach kam - und er selbst mit befeuerte - war ein riesiger nächster sozialer Albtraum:


Die Einen nutzen seinen Vorschlag der "Funktionalen Differenzierung" um neoliberale Politik zu beraten. Viel mehr zu legitimieren.


Die anderen forschten inbrünstig, nach der Koppelung der vier "Autopoietischen Systeme" - welche wir heute #Bio #Psy #Soc #Cyber nennen und Luhmann selbst in einer seiner seltenen Zeichnungen zur Darstellung brachte. In #SoSy, Seite 16. Um genau zu sein.


Alle beide Horden von Jünger - welchen im Namen Niklas Luhmann "Teufel austrieben und Kranke heilten" (Matth. 7:22) - bestätigten damit aufs traurigste bloss den aller ersten Satz von Niklas Luhmann im Vorwort von #SySy:


"Die Soziologie steckt in einer Theoriekrise." 


Theorie, war bloss das neue Theologie.


Eine Befreiungsbewegung, welche in der eigenen Konsolidierung grausliger, gewaltbereiter, abstossender wirkte, wie das von ihr Überwundene. Was Humanismus genannt, was als Neuzeit gefeiert, als Aufklärung und Moderne hyperventiliert wurde, hat genau zwei Soziale Formen ausgebildet:


1. Sozialismus, bis 1989
2. Liberalismus, bis 2008


Wenn die eine Seite der gleichen Münze implodiert, hat nicht die andere Seite gewonnen. Francis Fukujama stocherte halt eben so hilflos im Treibsand, wie Niklas Luhmann. Aber: Nein: Das ist nicht schlimm. Weil es beobachtbar ist. Und damit kritisierbar. Und damit sind alle Alternativen offen.


"Frei ist nur, wer seine Freiheit gebraucht."


So heisst es in der Präambel der Schweizerischen Bundesverfassung. Just do it.


Rückblickend werden wir die Zeit zwischen 1522 und 2022 #Caputalism nennen. Humanismus befreite das Individuum aus der Klebrigkeit des Sozialen. Die Zwangsbeschulung ermöglichte, dass jedem Kleinkind beigebracht wurde, was es braucht, um in einer aufgeklärten Gemeinschaft den Mut zu finden, dem zu Folgen, was es gut kann, gerne macht und auch den Anderen gut tut.



#TheLuhmannMap 


Das, was von Niklas Luhmann bleiben wird heisst #TheLuhmannMap. Sie bestimmt das Feld des Sozialen - in der einen Dimension. Und sie bestimmt die Form der Struktur - in der anderen Dimension. 


Das Feld des Sozialen wird durch die Reichweite von Kommunikation bestimmt: Wer oder was kommunziert, interessiert nicht.


Die Möglichkeiten der Struktur, wird durch die Form der Kommunikation bestimmt: Die Unterscheidung Sprache, Schrift, Buchdruck, Computer ist keine historische Abfolge. Die Tribale Gesellschaft ist unter der Form von Computer genauso leicht möglich und genauso leicht beobachtbar, wie die die Antike oder die Moderne Buchdrucker Gesellschaft, um Begriffe zu nutzen, welche Dirk Baecker seit "Studien zur Nächsten Gesellschaft" (#SznG 2007) geprägt hat.  


Die Landkarte ermöglicht - mindestens mir als Sozialarbeiter, welcher am Sozialen Arbeitet - die Thematisierung und Beobachtung von


Herrschaft
- Anordnung von Menschen
Schichtung
- Anordnung von Dingen
Legitimation
- Anordnung von Werten
Durschsetzung
- Anordnung von Macht


Ja. Das sind Unterscheidungen, welche mir einen praktischen Unterschied machen. Und mir Orientierung anbieten im Feld des Sozialen. 


 


Die Landkarte des Niklas Luhmann, hat auf das unsägliche Versagen der Organismus-Analogie in der alt-europäischen Tradition reagiert und eine Möglichkeit ausformuliert, auf die Herausforderung von mitkommunzierenden Maschinen einzugehen. Für ihn war dieser zweite Punkte noch sehr vage. Das aktuelle #KatharinaVonZimmern-Festival 2022 macht es sehr einfach, sich den Konsequenzen dieser neuen Strukturen spielerisch anzunähern.


Wir nennen es #Commonism.

Für Interessierte an weitere Ausführungen, hier noch ein wissenschaftliches Paper (so?)